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Erster Teil.
Die Streitigkeiten um die Fürstengutsfreiheit nehmen in dieser
Zeit einen breiten Raum ein;) Preußen hat sich mit allen Nach—
barn deswegen herumgezankt, und sein übler Wille, anderen das
zuzugestehen, was es selbst forderte, war offenkundig. So kleinlich
diese Zänkereien oft um geringe Beträge im einzelnen auch er—
scheinen, im ganzen handelte es sich doch um die spystematische
Wahrnehmung eines Vorteils, den Preußen nach Lage seiner Länder,
nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen und seiner intensiven
Regalwirtschaft vor den Nachbarstaaten hatte. Preußen war daher
immer für eine möglichst weite Ausdehnung der Fürstenguesfreiheit
und hat die wiederholten Anträge von Sachsen und Hannover,
diese Freiheit gegenseitig ganz aufzuheben, von allem Zoll zu
nehmen und damit allen Zank zu beseitigen, stets abgelehnt, des—
gleichen jede Definition oder Begrenzung des Begriffes Fürsten—
gut. Preußen hat ferner die Vorteile, die es daraus genoß, und
die bei seinen großen Salz-, Getreide-, Holz- und Armeelieferungs—
transporten für seine Kasse ein beträchtliches ausmachten, mit mög—
lichst geringen Zugeständnissen an andere zu bezahlen gesucht.
Nur am Rhein gelang es Preußen nicht die Fürstenguts—
freiheit durchzusetzen. Die vier vereinigten Kurfürsten am Rhein
hatten auf ihren Tagungen wiederholt vereinbart, zur Vermeidung
aller Unterschleife durchgehends keine Zollfreiheiten anzuerkennen.
Daher ließ Kurköln 17165/16 preußisches Artilleriematerial, da
rheinabwärts ging, nicht frei passieren, und der Resident v. Dies
bemühte sich vergebens, dafür ein für allemal Zollfreiheit zu er
wirken.) Dann aber entschloß sich Preußen, der Abmachung der
dortigen Kurfürsten auch beizutreten, „damit Wir nicht das Ansehen
haben, als ob Wir dem gemeinen Besten hierin entgegen wären“
und demnach auch in den klevischen Zöllen nichts frei passieren zu
lassen.) In Holland aber wurde für die beträchtlichen Sendungen
an Montierung, Munition und Proviant, die auf dem Rhein nath
1) Die Streitigkeiten mit Kursachsen sind in Teil IV; vgl. auch Aktenstüch
Nr. 10, 86, 61, 62, 144.
MR. 34 n. 272.
3) Reskript an die klevische Regierung, 7. September 1718 (Konz. Kamele
Gen-Akz.- u. Zoll-⸗Dept. Westfalen Tit. II Nr. 8). Desgl. 20. Januar urnd
16. November 1720.