Erster Teil.
verschiedene Bahnen. Die staatliche Akzise wird in der ganzen
Monarchie durchgeführt und zu einem Werkzeug der merkantilistischen
Politik gestaltet, das Zollwesen wird in den einzelnen Provinzen
nur revidiert und technisch verbessert, durchaus auf der Grundlage
des längst Bestehenden. Der Unterschied beider wird schon dadurch
verdeutlicht, daß die Akzise ungeachtet partikularer Widerstände
durchgehends verstaatlicht wurde, während die zahlreichen Stadt—
und Vrivatzölle unangetastet blieben.
Die Neuordnung des Zollwesens, die hauptsächlich zwischen
1721 und 1727 erfolgte, entbehrte eben aller großen reformatorischen
Absichten. Der Gedanke einer grundstürzenden Neugestaltung, etwa
die mittlere zusammenhängende Masse des Staats zu einem einheit—
lichen Zollgebiet mit einer Grenzzolllinie unter Aufhebung der
Binnenzölle zu machen, ist vor dem Ende des 18. Jahrh. hier über⸗
haupt nicht aufgetaucht. Wenn Friedrich Wilhelm J., (80. August
1727) den brandenburgischen neuen Kornzoll für den inneren Ver—
kehr zwischen den Provinzen aufhob, so hat er damit zwar eine
besonders lästige und widersinnige Schranke beseitigt, aber als eine
Etappe zur Bildung eines einheitlichen Handelsgebietes!) läßt es
sich schon deshalb nicht bezeichnen, weil weitere Schritte in dieser
Richtung nicht folgten. Erst der Einfluß der französischen Revolution
und der neuen rationalistischen Staats- und Wirtschaftslehren brach
jenem Gedanken auch hier Bahn. Vordem sah man in den Zöllen,
durchaus fiskalisch-regalistisch, nichts als eine Staatseinnahme, die
man erhalten und verbessern, aber nicht unsicheren Experimenten
aussetzen wollte. Zumal da schon sehr bescheidene Anderungen den
Widerspruch aller partikularen Elemente, selbst der Provinzial—
behörden, hervorriefen.
Größeren Reformen stand aber noch ein sehr gewichtiger Um—
stand im Wege: die Reichsgesetze verboten jede Erhöhung und Neu—
Anlage von Zöllen, und die Nachbarstaaten wachten eifersüchtig,
daß nicht im geringsten dagegen gehandelt wurde. Die große Re—
form von 1818, durch die Preußen sein altes Passierzollwesen in
ein Grenzzollsystenm umwandelte, wäre, so lange das alte Reich
bestand, kaum durchführbar gewesen. Hat sie doch selbst unter so
1) A. B. Getreidehandelspolitik II, 241.