Schlechte Lage im Anfang des Jahrhunderts. 269
Bestande bedroht, und viele dieser Neubürger gedachten wieder aus—
zuwandern.) Die Konfusion und das Mißvergnügen bei allen
Standen war nicht zu beschreiben, denn Sinnen und Trachten des
neuen Königs schien „auf nichts als Haben und Haben und Zu—
sammenbringung großen Gelds und Armeen gerichtet“ zu sein.?)
Wenige Monate nach der Thronbesteigung stellte General
v. Grumbkow dem König eindringlich vor, welcher Schaden für den
Wohlstand Berlins und des Landes und damit für die Einkünfte
des Staates selbst aus dem bisherigen Verfahren zu besorgen sei.ꝰ)
Der König hat die Vorschläge seines einflußreichsten Ratgebers zwar
aufmerksam gelesen, aber nur teilweise befolgt. Er hörte nicht auf
den Ratschlag, nicht zu gewaltsam zu reduzieren, wegen der Ein—
schränkung des Hofhalts und der Bedienten „ein Temperament zu
treffen⸗, auch die Akademien der Wissenschaften und der Künste und
die Ritterakademie nicht als ganz unnütz zu verwerfen.
Unbeachtet blieb auch die Mahnung, mit der Werbung nicht
zu streng zu verfahren, da nichts das Kommerzium so sehr störe,
die Zufuhr hemme, die Manufakturen vertreibe. Zwar heißt es,
der König habe in dieser Erkenntnis schon selbst die Verfassung eines
Werbe-Edikts angeordnet; Grumbkow erinnert nur, daß es bald
veröffentlicht und genau beobachtet werden möchte, da sonst das bis—
herige Kommerzium und alle Hoffnung, neue Manufakturen einzu⸗
führen, vernichtet würden. Aber dieses Edikt ist noch nicht erschienen,
es wurde im Gegenteil befohlen, die Werbungen fortzusetzen, und
die dadurch verursachte Landflucht der Untertanen unter Androhung
) Unterm 8. Juni 1713 wurde von Sachsen ein Herr le Coq an den
Verliner Hof gesandt, mit dem ausdrücklich als Hauptzweck bezeichneten Auftrage,
lüchtige Refugierte, die sich anderswo niederlassen wollten, nach Sachsen zu leiten
Dresden St.A. loe. 3881). Der Handel der Refugierten mit Stahlgalanterien
Degengefäßen, Schnallen, Knöpfen, Tabaksdosen usw.) soll nach Bekmann J S. 1165
tatsächlich jetzt aufgehört haben, es erhielten sich aber die Fabriken von mathema—
tischen und chirurgischen Instrumenten und unentbehrlichen Stahlwaren.
) Bericht des Kaiserlichen Gesandten Graf Schönborn, Berlin 2. Mai 1713
(A. B. Behördenorganisation ĩ, 441).
—8 Immediateingabe vom 28. Mai 1718 (A. B. Behördenorganisation J,