Full text: Acta Borussica Die Handels-, Zoll- und Akzisepolitik Preußens 1713-1740. (2,1)

288 
Dritter Teil. 
ihre Zünfte keine Produktionsgenossenschaften waren und für Ve— 
schaffung der Rohstoffe und Absatz der Waren nichts taten und daß 
endlich die Kaufleute keinen Zusammenhang mit den Handwerkern hatten 
und durchweg nicht geneigt waren, mit ihnen zusammenzuarbeiten. 
Ja sie feindeten vielmehr die Unternehmer neuer Manufakturen an 
und machten ihre Erzeugnisse auf den Märkten und Messen schlecht,) 
da sie beim Handel mit auswärtigen Fabrikaten mehr Vorteil fanden 
als mit den im Lande verfertigten Waren. 
Wie schlecht es noch in dieser Hinsicht stand, darüber gibt eine 
im Anfang des Jahres 1718 angestellte Enquete wenigstens für 
Pommern und Preußen Auskunft.?) 
Es ergab sich, daß in Pommern nur die zwei Strumpffabriken 
zu Treptow Unternehmungen waren, die einen größeren Betrieb und 
Absatz hatten, nach Danzig, Königsberg und auf die Frankfurter 
Messen lieferten, auch für 6 Berliner Regimenter. Alles andere stag— 
nierte in kümmerlicher Vereinzelung. Es war Wolle genug im Lande 
und Verarbeiter viel mehr als nötig waren,?) aber die einzelnen konnten 
oft aus Dürftigkeit den Rohstoff nicht kaufen, waren ohne Arbeit oder 
mußten als Gesellen arbeiten, an Verlegern fehlte es ganz. Die Wolle 
war zu teuer, die Ware zu wohlfeil, der Absatz nach Westpreußen und 
Polen stockte seit Jahren. Von den Stargarder Meistern hieß es— 
selbst bar Geld könne nicht helfen, da sie keine Sicherheit für Vor— 
schüsse leisten könnten, und da sie nicht wüßten, wie sie den Debit ver— 
mehren sollten. In Preußen gab es überhaupt nur Manufakturen 
von lokaler Begrenztheit. Selbst von Halle mit seinem viel enb 
wickelteren Gewerbewesen wird gemeldet:) Die Tuchmacher seien ver— 
i) Restript v. 1. Juni 1722 (Quickm. 317). 
) Restript an das pom. und preuß. Kommissariat 19. Januar 1718 (Stetin 
K.⸗A. Gen., Manuf.“S. 3). 
9) In Stargard gab es 15 Tuchmacher, 27 Raschmacher, 8 Hut⸗, 58 Strumpf⸗ 
macher, die zusammen nur etwa 3300 Stein Wolle jährlich verarbeiteten. 19 waren 
völlig verarmt, 36 noch in mittelmäßigem Stande. In Kolberg hatten von 
43 Raschmachern nur 10 Meister Arbeit, von 25 Tuchmachern 18. Die 12 Siar— 
garder und 24 Kolberger Leinweber arbeiteten kümmerlich im Lohnwerk. Garz 
überfüllt waren die Ledergewerbe. In Stargard 80 Schuhmacher, 16 Pantoffler, 
4 Sattler, d Riemer, 6 Handschuhmacher, 3 Loh-, 5 Weißgerber; in Kolberg 
24 Schuhmacher, 5 Riemer, J Loh-, 4 Welßgerber; in Stolp 45 Schuster, 2 Riemer, 
6 Weißgerber. 3 
) Januar 1717 und April 1719 (Gen.-Dir.«Pommern, Wolls. Gen. 2)
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.