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Dritter Teil.
ihre Zünfte keine Produktionsgenossenschaften waren und für Ve—
schaffung der Rohstoffe und Absatz der Waren nichts taten und daß
endlich die Kaufleute keinen Zusammenhang mit den Handwerkern hatten
und durchweg nicht geneigt waren, mit ihnen zusammenzuarbeiten.
Ja sie feindeten vielmehr die Unternehmer neuer Manufakturen an
und machten ihre Erzeugnisse auf den Märkten und Messen schlecht,)
da sie beim Handel mit auswärtigen Fabrikaten mehr Vorteil fanden
als mit den im Lande verfertigten Waren.
Wie schlecht es noch in dieser Hinsicht stand, darüber gibt eine
im Anfang des Jahres 1718 angestellte Enquete wenigstens für
Pommern und Preußen Auskunft.?)
Es ergab sich, daß in Pommern nur die zwei Strumpffabriken
zu Treptow Unternehmungen waren, die einen größeren Betrieb und
Absatz hatten, nach Danzig, Königsberg und auf die Frankfurter
Messen lieferten, auch für 6 Berliner Regimenter. Alles andere stag—
nierte in kümmerlicher Vereinzelung. Es war Wolle genug im Lande
und Verarbeiter viel mehr als nötig waren,?) aber die einzelnen konnten
oft aus Dürftigkeit den Rohstoff nicht kaufen, waren ohne Arbeit oder
mußten als Gesellen arbeiten, an Verlegern fehlte es ganz. Die Wolle
war zu teuer, die Ware zu wohlfeil, der Absatz nach Westpreußen und
Polen stockte seit Jahren. Von den Stargarder Meistern hieß es—
selbst bar Geld könne nicht helfen, da sie keine Sicherheit für Vor—
schüsse leisten könnten, und da sie nicht wüßten, wie sie den Debit ver—
mehren sollten. In Preußen gab es überhaupt nur Manufakturen
von lokaler Begrenztheit. Selbst von Halle mit seinem viel enb
wickelteren Gewerbewesen wird gemeldet:) Die Tuchmacher seien ver—
i) Restript v. 1. Juni 1722 (Quickm. 317).
) Restript an das pom. und preuß. Kommissariat 19. Januar 1718 (Stetin
K.⸗A. Gen., Manuf.“S. 3).
9) In Stargard gab es 15 Tuchmacher, 27 Raschmacher, 8 Hut⸗, 58 Strumpf⸗
macher, die zusammen nur etwa 3300 Stein Wolle jährlich verarbeiteten. 19 waren
völlig verarmt, 36 noch in mittelmäßigem Stande. In Kolberg hatten von
43 Raschmachern nur 10 Meister Arbeit, von 25 Tuchmachern 18. Die 12 Siar—
garder und 24 Kolberger Leinweber arbeiteten kümmerlich im Lohnwerk. Garz
überfüllt waren die Ledergewerbe. In Stargard 80 Schuhmacher, 16 Pantoffler,
4 Sattler, d Riemer, 6 Handschuhmacher, 3 Loh-, 5 Weißgerber; in Kolberg
24 Schuhmacher, 5 Riemer, J Loh-, 4 Welßgerber; in Stolp 45 Schuster, 2 Riemer,
6 Weißgerber. 3
) Januar 1717 und April 1719 (Gen.-Dir.«Pommern, Wolls. Gen. 2)