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Dritter Teil.
Kaufmannstand tritt öfters hervor, und auch das größte Verlagsunter—
nehmen, die Russische Kompagnie, hatte darunter in verhängnisvoller
Weise zu leiden.) Namentlich in Pommern wurden die Wollarbeiter
von gerissenen jüdischen Verlegern ausgesogen; man sah deren Gebaren
um so weniger gern, als sie bei dem ihnen zum Verlag gestatteten
Wollhandel fortwährend Unterschleife trieben. Aber vergebens wurde
hier wiederholt befohlen, christliche Kaufleute zu dergleichen Entreprisen
zu encouragieren;?)) solche besaßen nicht Kapital oder Unternehmungs-
geist genug. Selbst in einer Handelsstadt wie Stolp waren die Tuch—
händler kaum imstande, zwei Meistern die Waren abzunehmen, dagegen
verhinderten sie die Tuchmacher am Ausschnitt ihrer verfertigten
Stoffe.8)
In der Tuchmacherordnung von 1723 wurde den Händlern be—
fohlen, die Tuche nach ihrem Werte zu bezahlen oder zu gewärtigen,
daß ein nach den Wollpreisen regulierter Preis von den Fabriken⸗
Inspektoren jährlich festgesetzt werde.) Um ferner die Tuchmacher unab⸗
hängiger von den Gewandschneidern zu machen, wurde ihnen erlaubt,
hre eigengemachten wie auch andere inländische Tuche ihres Gefallens
auszuschneiden oder in ganzen Stücken zu verkaufen.s) Da aber die
armen Tuchmacher oft aus Not allzu wohlfeil ausschnitten und den
Gewandschneidern die Preise verdarben, so wurde jenen in der Ordnung
von 1723 der Gewandschnitt nur für die Provinz, in der sie wohnten,
verstattet. Tuchscherer, Schönfärber und dergleichen Handwerker sollten
sich des Tuchhandels innerhalb Landes außer den Messen gänzlich
enthalten und, wenn ihrer nur einer am Ort, ohne Spezialkonzession
überhaupt nicht mit Tuchen handeln, sondern ihres Handwerks warten.
Auf der anderen Seite mußten auch die kaufmännischen Verleger
gegen die Liederlichkeit und Unzuverlässigkeit der vielfach in Armut
1) Vgl. Schmoller in 8. P. G. L. XX 50f. und unten Abschnit 7.
) Berlcht des Steuerrats Lanius, Stargard 24. August 1736 (Stettin Ver—
debitierung 830).
) So klagten diese wenigstens 7. Juni 1724 (Ebenda 23).
9 Myl. V, I Sp. 343f., 469f., 474. Klagen der Schönfärber und der
Tuchscherer wegen Bezahlung ihrer Arbeit siehe ebenda Sp. 845. 349, 851, 460
u. 473.
5) . Bestätigt durch Restript vom 25. September 1719 (Stetuin. Rohe
Wolle 111).