Die Industrien der Grafschaft Mark. 297
der Landmann mehr auf das Korn- als auf das Garn⸗ und Linnen—
gewerbe sehe. Auch sonst scheinen die Reglementierungen, obwohl sie
den Städten zugut kommen sollten, selbst von diesen lästig empfunden
worden zu sein, wenigstens riet der Bielefelder Magistrat, als 1724
das Verbot des Vorkaufs von Garn erneut wurde, zur Behutsamkeit
wegen der starken Beziehungen mit den Nachbarländern. Später ist
auch das Aufkaufen des Garns auf dem Lande wieder erlaubt worden,
doch wurden die ländlichen Käufer eidlich verpflichtet, das Garn zu—
nächst in der nächsten Akzisestadt zum Kauf anzubieten, bevor sie es
gepackt und versiegelt außer Landes schickten.)
Eine besondere Erscheinung war die Eisen- und Kohlenindustrie
der Grafschaft Mark. Sie war ganz in privaten Händen zersplittert.
Eine zusammenfassende Aufsicht war hier dringend nötig, wie die
durch königliche Kommissionen 1720 und 1734 angestellten Unter⸗
suchungen erwiesen. Namentlich der Steinkohlenbergbau wurde un—
wirtschaftlich betrieben und entbehrte ganz einer technischen Leitung.
Der Wettiner Bergmeister Decker hat seit 1735 im Auftrage des
Generaldirektoriums Ordnung geschaffen; die Bergordnung von 1787
und die Errichtung eines Bergamts zu Bochum krönte sein Werk.
Auf der Verbindung mit der Steinkohle beruhte die einzige Überlegen⸗
heit der Eisen-Industrie des kleinen Landes gegenüber der älteren und
entwickelteren des benachbarten Bergischen Landes, das aber der Kohlen
entbehrte. In dieser Erkenntnis war auch ein Ausfuhrzoll auf die
märkischen Kohlen gelegt worden. Dadurch und durch die seit 1717
allen Neusiedlern versprochenen Bau- und Steuerfreiheiten wurden
Solinger Meister und Gesellen ins Märkische gezogen?) und brachten
die Klingenindustrie in Eilpe und Hagen hoch, wie auch die Nähnadel—
und Kleinwarenindustrie zu Iserlohn seit Anfang des Jahrhunderts
H Verordnung der Kammer v. 1. Oktober 1781 (Münster, Kammer Min⸗
den Il, 5); 1700 wurde es wieder verboten. Über Mark vgl. A. Overmann, Die
Entwiclung der Linnen- Woll- und Baumwollindustrie in der ehemaligen Gft.
Nark, Münster 1909. Wegen Geldern Anordnung v. 2. August 1723: Die
beldrehche Kommission soll die Linnenfabriken zu Viersen und an anderen Orten
weller zu extendieren suchen (A. B. Beh.-Org. IV, 1 S. 282).
) So Privileg für Friedrich Engels, Berlin 12. Mai 1718, für Übersied⸗-—
lung von Solingen nach Hagen (Düsseidors, Kleve⸗Mark XIV, Nr. 18).