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Dritter Teil.
Auch die Gerber-(Rauf-, Pellade- oder Sterblings⸗) Wolle suchte
man jetzt nutzbar zu machen. Denn ihre Verarbeitung war bei den
brandenburgischen Tuchmachergewerken bei Ausstoßung verpönt, während
sie im Magdeburgischen, Sächsischen und Lüneburgischen für grobe
Arbeiten verwendet wurde. Ihre Ausfuhr wurde dennoch verboten —
offenbar im Januar 1719 —, ehe für den Absatz zur inländischen
Verarbeitung gesorgt war. Es wurden zwar gleichzeitig die ihrer
Verwendung entgegenstehenden Innungsartikel für Tuch- und Zeug—
macher aufgehoben und Strafen angedroht für diejenigen, die wegen
solcher Arbeit jemanden beschimpften; auch wurden die daraus ge—
machten Waren von der Walk- und Schnittakzise befreit, und Ver—
legern beneéficia in Aussicht gestellt.) Aber das Ausfuhrverbot konnte
nicht ganz aufrechterhalten werden,“) da die Gerber ihre Wolle im
Inlande nicht loswerden konnten, und da ihre Verwendung doch nir
eine begrenzte war, denn nach der Tuchmacherordnung von 1728
durfte sie nicht zu Tuchen, sondern nur zu groben Waren wie Pferde—
decken verarbeitet werden. Erst 1736 wurde wegen Schafsterbens und
Wollmangels in der Kurmark verfügt, daß bewollte Schaf- und Sterbe—
felle, die bis dahin über Frankfurt verfahren werden durften, sowie
Pelladewolle ferner nicht ausgeführt werden sollten; und b6. April
1740 wurde deren Ausfuhr für Brandenburg, Pommern, Magdeburg
und Halberstadt auf drei Jahre verboten.s) Dies wurde ausdrücklch
auch auf die Frankfurter Messen, wo ein lebhafter Handel damit statt⸗
fand, ausgedehnt, und bestimmt, daß dort nur Felle, von denen laut
beigefügten Akzise-Attesten die Wolle abgebracht sei, außer Landes ver—
kauft werden dürften.“)
So ist durch die Bemühungen der Regierung erreicht worden
daß man diese sonst mißachteten Wollen, sowie die Abgänge und
Flocken zu Fuß- und Pferdedecken, auch Boyen und Friesen zu ver—
arbeiten und damit eine große Masse von Wolle nutzbar zu machen lernte—
) Circular⸗Ordre für Kurmart, Pommern, Magdeburg und Halberstadt von
7. Januar 1719 (Ausf. ggz. Grumbtow. Gen.⸗Dir. Pommern, Wolls. Geo. )
) Reskript vom 17. Februar 1719 für die Frantfurter Messe, vom 7. De
zember 1720 für Magdeburg (Ebda.).
8) Myl. VI, II, Nr. 246 und Cont. L. 69
9) Reskript an die kurmärkische Kammer 209, Juni 1740 (Ausf. A. S. v
Brandenburg. Prov.-Archiv. Akz. u. Zolls. 2).