Full text: Acta Borussica Die Handels-, Zoll- und Akzisepolitik Preußens 1713-1740. (2,1)

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Dritter Teil. 
6. sysitematische Manufakturpolitik seit 1722/25. 
Schon bei den Verhandlungen wegen des Wollhandels in Magde— 
burg-⸗Halberstadt ist der König über den Standpunkt seiner Minister 
weit hinausgegangen, und es scheint, daß er eben in dieser Zeit zu 
einer extremen Haltung in Manufakturfragen gelangt ist. Der Über— 
gang zur ausgesprochensten Manufakturschutzpolitik 1718/ 19 hat Zweifel 
und Kämpfe hervorgerufen, und auch der König wird hart genug mit 
den Bedenken zu tun gehabt haben, ob man nicht dem Lande, und 
namentlich dem platten Lande, mehr schaden als den Manufakturen 
nützen werde. Aber er gelangte aus dem allen zu einem anderen Er⸗ 
gebnis als seine Ratgeber und Beamten. Alle, auch die Kommissariats⸗ 
behörden folgerten, wie es die Edikte von 1719 an die Hand zu 
geben schienen: Die Wolle ist den Manufakturen vorbehalten, damit 
diese das Land versorgen können, was aber von ihnen nicht gebraucht 
wird und uünverkauft bleibt, kann ausgeführt werden, wodurch niemand 
geschädigt und das platte Land vor Schaden behütet wird. Der König 
allein ging einen erheblichen Schritt weiter, als noch 1719 und be— 
stimmte: auch was von den Manufakturen gegenwärtig nicht gebraucht 
wird, bleibt im Lande, die Manufakturen müssen dann vergrößert, und 
so viele Arbeiter mehr angesetzt werden, daß alles restlos im Lande 
verarbeitet wird. Diese Anschauung und die Überzeugung von ihrer 
Durchführbarkeit hat sich wohl allmählich entwickelt, in den königlichen 
Kundgebungen des Jahres 1722 erscheint sie schon als ein fester, durch 
Einwände nicht mehr zu erschütternder Grundsatz und ist seitdem ein 
wirtschaftliches Dogma für ihn geblieben. 
Diese scharf präzisierte und starr festgehaltene Gedankenfolge ver⸗ 
bindet sich mit einer hohen Vorstellung von dem Wert der Manu⸗ 
fakturen. Der König sagte in der Instruktion an seinen Nachfolger 
im Anfang 1722: ein Land sonder Manufakturen ist ein menschlicher 
Körper sonder Leben, ergo ein totes Land, das beständig power und 
elendig ist und nicht zum Flor gelangen kann. Dagegen Manufakturen 
im Lande ein recht Bergwerk geheißen werden kann und ein nervus 
rerum gerendarum. Daher müssen in allen Provinzen, sonderlich 
in Preußen, Manufakturen angelegt werden. Er betont ausdrücklich, 
daß der Gebrauch fremder wollener Waren und die Ausfuhr un— 
verarbeiteter Wolle für alle Provinzen verboten werden müßten, und 
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