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Dritter Teil.
Allerdings stellte das Generaldirektorium dagegen vor: Es fehle gar
nicht an der Zahl der Wollarbeiter, wohl aber am Verlag und Debit,
es komme also zunächst darauf an, den im Lande befindlichen Ar—
beitern ausreichende Beschäftigung zu verschaffen, ehe man mit Unkosten
andere hereinziehe. Daher möchten die Gelder, statt für Strumpf⸗
macherstühle und Hereinziehung von Wollarbeitern verwendet zu werden,
den einzelnen Provinzialkammern zum Verlag der unvermögenden
Wollarbeiter überwiesen werden. Daß man in einer andern Reihen⸗
folge vorgehen müsse, stellte nachher auch der damalige Leiter des
Lagerhauses, Schindler, vor: Zuerst den im Lande verfertigten Woll—
waren mehr Debit, und zwar ins Ausland, verschaffen, Proben an
fremde Kaufleute schicken, dann kleine Sortiments, und erst, wenn fest⸗
gestellt ist, ob ein Absatz in die Fremde möglich sei, wird sich zu
zeigen haben, ob mehr Wollarbeiter anzusetzen sind.i) Aus dem Debit
aber, den der König, einem einmal eingegebenen Gedanken gemäöß,
immer wieder (noch Febr. 1724) in seinen Marginalien als be—
sonders erstrebenswert andeutete: „Schweiz, Tirol, Schwaben“, ist
nie etwas geworden.
Es wurde nun ein Manufakturfonds von 100 000 Rtl.7 beschafft
und auf die Provinzen verteilt, woraus den Entrepreneurs und Manu—
fakturiers, die der Verarbeitung der groben Wolle dienen wollten,
zinslose Vorschüsse gemacht werden sollten in solcher Höhe, als es
nach dem Quantum der unverkauft gebliebenen groben Wolle nötig
war, damit sie im Lande verarbeitet, und die daraus gefertigten Tücher
und Zeuge außer Landes debitirt werden konnten. Das sollte auch
auf dem platten Lande bekannt gemacht werden, damit jeder sehen
möge, wie der König den Debit ihrer Wolle nach marktgängigem
Preise auf alle Weise zu facilitiren und die bisherigen Beschwerden
darüber zu heben sich angelegen sein lasse.
Die Provinzialkammern wurden aufs äußerste angespornt, darin
i) Gutachten des Geh.-Rats Schindler, der Kommerzienräte Dalençon und
Coste, Berlin 21. bezw. 256. Mai 1724.
2) Kgl. Reskript vom 17. Oktober 1723, an die Verordneten der kurmärki⸗
schen Landschaft zum Neuen Biergeld und Giebelschoß, ein Kapital von 100000 Rth
auf ihren Kredit gegen 50/, zu negotikeren und anzuschaffen. 27. Januar 1720
meldet das Gen.⸗Dir., das Geld liege komplett beisammen (Gen.-Dir. Kurmark 1151,
Nr. 39).