Die russische Tuchkompagnie. 363
wollten einen hohen Vorschuß haben, dabei kein Risiko, vor allem nicht
den Seetransport übernehmen, sondern die Tuche in Stettin anstatt
in Petersburg an die russische Regierung liefern. Es waren Berliner
Kaufleute,) die das ganz neue Unternehmen auf sich nahmen, und
zwar ohne Vorschuß, lediglich mit eigenem zusammengeschossenem
Kapital. Es waren auch keine Leute vom Fach, keine Gewandschneider
oder Manufakturiers, sondern sie gehörten dem modernen, unzünftigen
Geschäftszweige der Kommissionäre an, die aber gerade deshalb zu
allem bereit und befähigt waren. Die Günther, Buder u. a. waren
Speditionsfirmen für den schlesisch-Hamburger Kurs, Splitgerber und
Daum eine noch junge Firma (von 1712), die bisher mit Geldgeschäften,
Munitionslieferungen, Kolonialwaren zu tun gehabt hatte, mit Tuch—
geschäften noch gar nicht. Die neue Kompagnie bildete nun ein Ver⸗
lagsunternehmen größter Art für die brandenburgische Tuchmanufaktur;
allerdings die Wolle lieferte sie nicht, sondern überließ deren Einkauf
den Tuchmachern selbst gegen Geldvorschüsse, nahm diesen aber die
in Auftrag gegebenen Tuche gewalkt zu vereinbarten Preisen ab und
besorgte das Scheren, Pressen, Färben in eigenen Anstalten. Da nur
gute Ware in Frage kam, so wurde der größte Teil aus der Neu—
mark bezogen, anderes aus den besten kurmärkischen Tuchstädten (Ruppin,
Brandenburg), gar nichts aus Pommern und Magdeburg mit ihrer
meist groben Wolle.
Es war ein schwieriges und gewagtes Stück, die vielen kleinen
Meister zu pünktlicher Lieferung guter, gleichmäßiger und dauerhafter
Waren anzuhalten; und da dies im ganzen gelang, da die Tuche
immer besser wurden, auch sehr großen Bestellungen genügt werden
konnte, so wurde es eine heilsame Schule zu genauer und guter Arbeit,
wie auch kaufmännisch viel dabei gelernt wurde. Allerdings arbeitete
der staatliche Beamtenapparat unentgeltlich für die Kompagnie mit,
denn die Steuerräte und Magiftrate wurden verantwortlich gemacht, daß
die Tuchmacher ihre Ware vollzählig, rechtzeitig und in verabredeter
Güte lieferten, die Vorschüsse nicht durchbrachten.
Die Grundlage für das Bestehen der Kompagnie war das Privileg,
das ihr untern 1. Mai 1725 auf 12 Jahre erteilt wurde. Ihr
) Zuerst, 1724, 10 Berliner Firmen; 1726 traten noch 4 Berliner, 4 Frank—⸗
surter, I Landsberger Kaufmann hinzu.