Das Wollwaren-Verbot im Westen. 401
hauses war trotz Gewährung von Vergünstigungen und Vorschüssen
gescheitert, weill es im Lande an den Vorbedingungen fehlte, an guter
Wolle, Spinnerei, Färberei, Walkmühlen und an Kapital.i) Für die
Versorgung aus den anderen preußischen Landen fehlte zunächst noch
jede geschäftliche Verbindung, daher klagten die Kaufleute in Ravensberg
und Minden, das Verbot müsse sie zugrunde richten. Sie brauchten
die ausländischen, auch sächsischen Tuche, da sie in Güte und Preis
den brandenburgischen überlegen seien, unbedingt zur vollständigen
Assortierung, könnten sie aber allein für den ungewissen ausländischen
Debit nicht kommen lassen; anderseits könnten sie wegen der Woll—⸗
waren allein nicht nach Berlin und Magdeburg reisen, da sie ihren
regelmäßigen Austausch und Kredit anderwärts hätten. Die Alkzise—
kommission hielt zu dem Ende für nötig, zunächst eine Niederlage in
Minden einzurichten, hatte aber auch andere Bedenken wider das
Verbot.) Denn die Holländer und Engländer könnten, wenn der Absatz
ihrer Wollwaren so eingeschränkt werde, dem Leinenhandel einen un—
ersetzlichen Stoß beibringen, zumal da die Leinenwaren öfters gegen
ausländische Waren vertauscht würden. Die Leinenmanufaktur könne
damit ruiniert, der Handel den Münsterschen und Osnabrückschen zu—
gekehrt werden.
Die kleve-märkischen Stände brachten noch weitere Gründe gegen
das Verbot vor.s) Ihre Länder würden sich nicht selbst versorgen
können, da sie nicht genug bequeme Wolle erzeugten, und die Nachbarn
zur Vergeltung vielleicht die Wollausfuhr verbieten und den Jahrmarkts⸗
verkehr sperren würden. Sie benötigten jedoch der Benachbarten mehr
als diese ihrer, auch beständen mit ihnen Handelskonkordate. Die
Kaufleute würden ihren Kredit in Holland und England verlieren.
Wenn also einige Manufaktur eingeführt werden solle, so müsse das
nicht mit Verbot anderer, sondern „bloß allein per industrie, wodurch
die Waren hier im Lande wohlfeiler im Preis und besser in natura
gemacht werden könnten“, geschehen. Zudem würde alle Ämulation
) Bericht der Mindener Kaufleute vom Juni 1719 (Gen.Dir. Minden 99, 1).
Bericht, Bielefeld 22. Juni 1719 (GGen.«Dir. Ravensberg, Akz. 4).
) Vorstellungen vom 28. August 1719 und 30. April 1720 (Münster—
hleve-Mark 76).
deta Rorussica. Handels⸗, Zoll- und Alzisepolitik I.
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