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Vierter Teil.
meinten, es wäre zwar konvenabler, beiderseits diejenigen Waren,
die den inländischen Fabriken schadeten, z. B. sächsische Tuche in der
Mark magdeburgische Zeuge in Sachsen hoch zu belegen, anstatt der
vorgeschlagenen Distriktsbeschränkung, und es sei höchst ungleich, daß
die Hugenotten, Zeug- und Strumpfmacher die ihnen sehr nötige
sächsische Wolle bekommen könnten, die sächsischen Tuchmacher aber,
die sich auf die märkische Wolle eingerichtet, solche entbehren sollten.
Dennoch scheine nach Lage der Dinge nicht unrecht zu sein, aus zwei
Übeln das geringste zu erwählen und einzuwilligen, damit das
Kommerzium einigermaßen frei behalten, und der erhöhte Tarif nicht
noch auf andere preußische Provinzen übertragen werde. Ohnehin
gingen nach Berichten aus Leipzig und Bautzen mehr Waren aus
Sachsen ins Brandenburgische als umgekehrt; allein die Ausfuhr
Berliner Waren nach Sachsen falle ins Gewicht, die werde aber durch
den erhöhten Tarif am meisten geschädigt, da auch Sachsen wegen
des Tuchverbots Repressalien ergreifen könne. Sie beklagten, daß
Sachsen mit sich uneins sei und lieber den geringen Profit von
der ausgehenden rohen Wolle als den größeren von den daraus
fabrizierten Waren gewinnen wolle, doch könnten sich die sächsischen
Tuchmacher inzwischen mit Wolle aus Breslau, Böhmen, Magdeburg,
Dessau und Thüringen behelfen und die Zufuhr guter polnischer
Wolle über Meseritz und Guben erhoffen. Ein Trost war ihnen,
daß diese Traktate auf nicht lange Zeit und auf Widerruf geschlossen
werden sollten.
Nicht wenig trugen zum Nachgeben auch die entmutigenden Be⸗
richte der Tuchmacher aus den sächsischen und niederlausitzischen
Manufakturstädten bei,) die im Februar und Anfang März 1720
über die durch das Verhalten Brandenburgs geschaffene Lage ver—
nommen wurden.
So wurde der Vergleich am 6. März 1720 von den verhandelnden
Räten unterzeichnet. Darin war außer obigem noch im ersten Artilel
bestimmt, daß der Verkauf von Zuwachs an Getreide, Vieh,
Viktualien u. dgl. aus der Kurmark und allen anderen Provinzen
und rociproco freigelassen werden solle; ferner daß in den durcheinander
liegenden Grenzbezirken die neuerdings geforderten Zölle untersucht
) VBgl. auch Aktenstücke Nr. 35.