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Fünfter Teil.
7. Wiederherfjtellung des Stapelhandels.
Die Stettiner Kaufmannschaft vom Seglerhaus erinnerte im Januar
1731 daran, daß die zwei Probejahre der freien Vorbeischiffung, Mai
1729—31, bald vorüber seien, und wollte wissen, wie es weiter gehalten
werden solle. Sie bat dringend, es dabei zu lassen, da Stettin nur
bei freiem Handel gedeihen könne, wenn auch die Zeit noch zu kurz
gewesen sei, um die Besserung des Handels augenscheinlich zu machen.
Der entgegengesetzten Meinung war der Magistrat und die ihm an—
gehörenden Kaufleute:) sie wollten die Niederlagsgerechtigkeit wieder
eingeführt haben, weil vom freien Handel die wenigsten Stettiner Kauf—
leute profitierten, sondern Holländer, Schlesier u. a. Fremde, die unterm
Namen der dazu Berechtigten sich der Vorbeischiffung mit bedienen
könnten.“) Das sei gar nicht zu verhüten und könne neben anderem
auch leicht die Vergünstigung im Wolgaster Zoll verloren machen.
Nur ein Senator-Kaufmann, Jädicke, urteilte, der freie Handel auf
der Oder sei nach seiner Kenntnis des Handels mit Tonnenwaren.
und da beide Oderstädte jetzt unter einem Souverän seien, besser, aller—
dings müsse dann der Professionseid wieder eingeführt, und Defraudanten
ehr streng bestraft werden.
Die pommersche Kammer sprach sich für Fortsetzung der frei—
gegebenen Oderhandlung, und zwar für länger als zwei Jahre aus,
da bei so kurzem Termin ein Kaufmann nichts Sonderliches entreprenieren
könne. Nach den von Uhl eingerichteten Balancen überstiegen die
Lizenterträge der beiden Probejahre 1729,30 die der beiden vorher⸗
gehenden um fast 10 000 Rtl. oder 250/,.8) Der Handel hatte sich
sehr gebessert, von Wein, Leinsamen, Hering u. a. waren große
Quantitäten eingekommen, mit Materialistenwaren ein ziemlicher Anfang
gemacht worden.)
Dagegen kamen Hille und die Frankfurter Kaufleute mit einer
anderen Berechnung ein; sie gaben die Vermehrung der Wareneinfuhr
Erklärung vom 14. Februar 1731.
Die Seglerhaus-Kaufleute waren boshaft genug, an frühere Vorstellungen
des Magistrats zu erinnern, in denen gegen die Sperrungen von Brandenburg
und Frankfurt behauptet war, daß Steitin nur bei freiem Oderhandel gedeihen
fönne.
2) 41628 gegen 317791, Tlr.
) Bericht der Kammer, Stettin 27. Februar 1731 (Vorp. Lizent. 48 1)h.