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Fünfter Teil.
ihnen als praecipua gelassenen Waren jedesmal einen genügenden
Vorrat und Sortiment zu halten, damit die Frankfurter solche jeder—
zeit zureichend von ihnen erhalten könnten.!)
Die Stettiner klagten vor allem über die Ungerechtigkeit beim
Leinsamenhandel.) Sie selbst mußten die Ware in Riga bar und
zwar in guten Speziestalern bezahlen, hatten sie dann 18 und mehr
Wochen unterwegs mit dem Risiko der Seefahrt, mußten sie den
Frankfurtern ein Jahr und länger kreditieren, sich deren Diskredition
unterwerfen und mit schlechtem Geld zufrieden sein; dazu störe der
dortige Umladezwang, schlechte Spedition und andere Behinderungen
diesen Handel. Auch hätten ihnen die Frankfurter öfters den Kauf—
kontrakt nicht gehalten, so daß sie die Ware mit Verlust abgeben
mußten, um langwierige Prozesse zu vermeiden. Hille setze voraus,
daß beide den Profit vom schlesischen Handel teilen und jeder 60,
gewinnen solle, das aber decke ihnen nicht einmal die Interessen, während
jene es ohne hazard und Geld durch den Handel mit anderer Leute
Büter rein verdienten. Im letzten Jahr seien bei freiem Handel über
5000, vorher bei nicht freien nur 1300 — 1800 Tonnen über Stettin
eingeführt worden. Man werde der Oder vor dem Elbkurs nicht in
die Höhe helfen können, wenn man die Sperrung von neuem einführe,
während Hamburg sich ganz zum porto franco gemacht habe.
Auf eine Meldung des Danziger Residenten, daß das dortige
Wettgericht den Schlesiern die Durchhandlung mit Rigaschem Lein—
amen nicht mehr gestatten wolle, hielt das Generaldirektorium dies für
eine gute Gelegenheit, ihn ganz auf die Oder zu ziehen und ließ die
Stettiner und Königsberger Kaufleute auffordern, sich durch direkte Korre—
spondenz mit Riga dieses Handels zu bemächtigen.s) Die Stettiner
aber erklärten, sie könnten das aus den angegebenen Gründen nur
unternehmen. wenn sie damit Frankfurt vorbeihandeln dürften. dann
1) Restript v. 2. November 1731 (A. S. B., Stettin. Krieasarchiv Vorb.
Lizents. 48 11).
2) Vorstellung der Älterleute auf der Kammer, 21. Juni 1731 (Stettin
K.A. Vorp. Lizent. 48 113. Vgl. oben S. 61O ff.
9) Reskripte an die pommersche und preußische Kammer 27. Mai 1731, nach⸗
dem Hille 4. Mai zum Gutachten aufgefordert. Bericht der pommerschen Kammer
-J. Juni 1731 (Stettin, Vorbp. Lizents. 4811. Gen.-Dir. VPommern, Linnen-—
achen 4).