Benachteiligung der fremden Handelsleute. 717
handelt. Da in dieser so viele unpraktikable Sachen und zweifelhafte
Ausdrücke seien, sa lasse sich immer ein Verdachtspunkt finden, und
da der Richter selbst Ausleger sei, könne er favorisieren, wen er wolle,
und könne dieses Gericht schier ein Inquisitionsgericht genannt werden.
Eine Änderung ist aber durch diese Proteste nicht herbeigeführt
worden, die Königsberger blieben im Besitz der endlich errungenen
landesherrlichen Bestätigung ihres außerordentlich exklusiven und fremden⸗
feindlichen Handelsrechts. Zwar wurde dieses jetzt ebensowenig wie
oorher streng befolgt,) sonst hätte es großen Schaden angerichtet; daß
es aber den Bürger-Kaufleuten ein ausgesprochenes Monopol gab,
zeigte bald wieder einer jener von Zeit zu Zeit dort vorkommenden
Fälle. Ein Mann, der mit Leinwand aus Bielefeld kam und sie
während seines Aufenthaltes (Winter 1716/17) an die Königsberger
Kramer nicht verkaufen konnte, sollte sie weder nach Kurland weiter
führen, noch sie an andere Bürger in Königsberg verhandeln oder
dort einlagern dürfen, sondern sie lediglich unverkauft wieder zurück—
nehmen. Das war, wie auch Negelein bestätigte, durchaus den Be—
stimmungen gemäß; die Kaufleute brauchten sich also nur zu verabreden
und konnten dann jeden Fremden zum Verkauf für Spottpreise oder
zum unverrichteten Abzug zwingen. Die preußische Regierung war
entrüstet über eine so extreme Folgerung aus dem bestehenden Handels—
rechtz) und verlangte von den Magistraten eine ausführliche und be—
gründete Deduktion, ob und wie weit Königsberg das Niederlagsrecht
auszuüben befugt sei. Sie befahl auch etwas später in einem ähnlichen
Falle,) den „Persianer“ Paul Nikolajeff für diesmal passieren zu
lassen, da es unverantwortlich sei, von so entlegenen Orten gekommene
Fremde unter dem Vorwande des Stapelrechts in ihren negotiis zu
hemmen. Inzwischen habe sie auf eine Entscheidung, wieweit das
Stapelrecht zu extendieren sei, angetragen. Daß die Königsberger im
eigenen Interesse auch nachgeben konnten, hatten sie damit erwiesen,
daß sie, um den russischen Pelzhandel nicht abzuschrecken, den Bürgern
) Die Kaufleute klagten, 12. Juni 1721: Von dem guten Gesetz der 1715
konfirmierten Wett: und Lieger-Ordnung ist leider Gottes der Bürgerschaft sehr
wenig bisher angediehen und zu Statten gekommen (Stadt Kbg. 61).
2) Reskript vom 1. März 1717 (Kbg. 74 4).
35) 25. Juni 1717 (Ebda.).