Full text: Acta Borussica Die Handels-, Zoll- und Akzisepolitik Preußens 1713-1740. (2,1)

Das Königsberger Kommerzienkollegium. 727 
als unzufrieden sein. Es ist allerdings erstaunlich, daß die Zentral— 
leitung selbst, die doch keineswegs den einseitigen Königsberger Bürger⸗ 
standpunkt vertrat, eine solche Zusammensetzung bestimmte für ein 
Gericht. dessen Daseinszweck die völlige Unparteilichkeit war. Hatte 
doch selbst Bürgermeister Negelein einige Jahre vorher beantragt,) in 
ein solches Kommerzienkolleg neben 5 Bürgern auch 4 fremde Kauf— 
leute zu setzen, „sonst würde man keinen neutralen und unparteiischen 
Bericht sich versichern können“. Der Fehler ist nachträglich wohl gut 
zemacht worden, denn 1722 sind auch Edward Collins und Jean 
Vernezobre als Mitglieder des Kollegs nachweisbar. Aber auch in 
anderer Hinsicht war die Unparteilichkeit nicht gewahrt, da die Assessoren 
Weyer und Cupner zugleich Lizenträte und damit Richter in zwei 
Instanzen waren. 
Nun wurde zwar die jurisdiktionelle Befugnis des neuen Kollegiums 
aicht wieder aufgehoben, weil der König den Fremden ein Handels— 
gericht versprochen hatte, aber die vorgebrachten formalen Bedenken 
waren teilweise so berechtigt, daß einige Änderungen nötig wurden. 
Es sollten also bei Appellationen vom Lizentgericht die beiden Lizent⸗ 
räte nicht mit votieren (F5 11); in importanten Sachen zwischen einem 
Fremden und einem Bürger sollte ein Angehöriger der englischen und 
holländischen Nation mit beisitzen und zuhören dürfen (84); wenn 
Fremde in Sachen des Stapelrechts und des Fremdenhandels des 
hollegiums Spruch für suspekt hielten, sollte dieses mit der Regierung 
lonferieren und sich einigen (F7); Wechselklagen sollten nur, wenn der 
Beklagte ein Kaufmann war, vor das Kollegium kommen, sonst der 
Regierung verbleiben (F 5), Schuldforderungssachen zwischen den Wett⸗ 
gerichten und den ordentlichen Gerichten geteilt werden (8 9), sie wurden 
dann durch das Rathäusliche Reglement ganz den letzteren zugewiesen. 
Endlich wurde das Kollegium zwar nicht, wie Dohna forderte, der 
Regierung unterstellt, so daß diese die Decisionen hatte; aber es wurde 
nachträglich bestimmt,) daß es seine Dekrete nicht im Namen des 
Königs, sondern wie das Hofgericht nur im Namen des Präsidenten?) 
and der Räte abfassen solle. 
) Bedenken von 1711 (R.7 und 1064J.). 
2) 8. September, auf Beschwerde der Regierung vom 30. August 1718 (4. B. 
Beh-Org. III, 98f.). 
8) Präsident war ein Mitglied der Regierung selbst, der Kanzler von Ostau.
	        
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