784
Sechster Teil.
freies Geleit zu bitten, da sie durch Wiedereröffnung dieses Handels
wieder in den Stand zu kommen hofften, ihre dortigen Gläubiger
zu befriedigen. In Berlin war man nicht abgeneigt zu willfahren,
zumal Keydan die einzige Stadt in Litauen war, die noch ganz
der protestantischen Religion beigetan sei.) Die Gläubiger wollten
von freiem Geleit aber nichts wissen, in der Befürchtung, daß
sich auch andere polnische Schuldner unter solchen verstecken möchten.
Das Generaldirektorium schlug nun vor,?) daß allen polnisch—
litauischen Schuldnern, die sich verpflichteten, bei Überschickung ihrer
Waren jährlich 16, und also ihre Schulden in 10 Jahren
zu begleichen, der Handel nach den preußischen Städten wieder
freigegeben werders) Doch trafen die Königsberger Gläubiger mit
jenen einen anderen Vergleich, worin sie sich mit 8300/0 der Kapital—⸗
schulden zufrieden erklärten. Da die beiden Tilsiter Gläubiger dem
nicht beitreten wollten, wurde der dortige Magistrat beauftragt, darüber
rechtlich zu erkennen. Auch wurde der Arrest. den jene auf einen
Teil einer aus England zum Besten der reformierten Gemeinde und
des gesunkenen Kredits nach Kendan geschickten Kollekte gelegt hatten,
aufgehoben.)
Erst in jener Zeit erfuhr man, daß auf dem polnischen Reichs—
tag zu Grodno 1726 durch eine „wider alle Völker Recht und die
natürliche Billigkeit laufende“ Konstitution „zur höchsten Ungebühr
und unersetzlichen Schaden der Königsbergschen Kaufmannschaft“ allen
Polen verboten worden sein soll, Obligationen, Wechsel oder andere
dergleichen Handschriften, die von ihnen wegen kreditierter Gelder oder
Waren ausgestellt worden. durch Cession oder Vollmacht zu Beitreibung
i) Reskript an die preußische Regierung, 16. Januar 1731 (Ausf. Borcke,
Podewils. Kbg. 20 f.).
2) Reskript an preußische Regierung, 5. Juni 1731 (Ausf. A. S. B. Ebda.).
9) Das war nach dem Vorgang eines Patents des Zaren vom 24. Jan.
1724, worin den Polen, die sich wegen alter Schulden nach Riga zu kommen
fürchteten, freies Geleit zugesagt war unter der Bedingung, bei jedem Waren—
versand *0 abzutragen. Arreste durften ohne Genehmigung des kaiserlichen
Gouverneurs nicht verhängt werden (Gen.⸗Dir. Ostp. 22, 17).
Laut Reskript vom 18. Ottober 1727 durften die Güter des George Gray
aus Keydan arrestiert werden. (Kbg. 20f.)
9) Regierung an Magistrat von Tilsit. 12. Oktober und 22. November 1731
¶Ebda.).