Full text: Dialogform und Argument

B. Die Funktion des Wandels 
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(546 c 6-7), daraus wiederum die Dreigliederung ihrer Eigenschaf- 
ten hervor (547c9-548 c2); aus dieser Dreigliederung in gute, ei- 
gene und schlechtere (oligarchische) Eigenschaften ergibt sich ih- 
rerseits die teils implizite, teils explizite Bewertung der Timokra- 
tie (vgl. 548 c 3-4); die weitere Entwicklung (550d3-551a11) rea- 
lisiert die bereits in 547b3-4 gestellten Forderungen. Um die 
Oligarchie so schildern zu können, wie er sie schildern will, muß 
Sokrates u.a. die kriegerische Tüchtigkeit der Timokraten ver- 
schwinden lassen (551d9-e4); dies erledigt er bei der Entwick- 
lung der Oligarchie (550 e 4-551a11). Dort erfolgt auch die grund- 
legende Umdeutung der Ordnung von einer ‚Herrschaft der Rei- 
chen‘ zur ‚Herrschaft der Geldgier‘, auf der die anschließende Be- 
schreibung wesentlich basiert und wegen des benötigten Analogie- 
schlusses auch basieren muß.*° Weil die Kriegstüchtigkeit ge- 
schwunden ist und die Reichen ihre Macht aus Geiz nicht durch 
Söldner absichern (551e 3-4), können die Oligarchen dann gestürzt 
werden, und kann die Oligarchie in eine Demokratie übergehen 
(556 c4-557 a5). Die Darstellung der Demokratie ist im wesentli- 
chen ein Neueinsatz; aus der Genese stammt allenfalls das 
Schlagwort von der ‚Herrschaft der Armen‘, das aber der Be- 
schreibung im Grunde widerspricht, denn die Freiheit zu tun, was 
er will, hat nur derjenige, der für seinen Lebensunterhalt nicht zu 
arbeiten braucht (vgl. 565a1-2).% Nur ein einziges, allerdings 
das wichtigste Ingrediens der Tyrannis erklärt sich aus ihrer Ge- 
nese: die Identität (565d1-3) und das Wesen des Tyrannen 
(564a10-e3). — Beim oligarchischen Menschen macht das in 
553a9-c7 geschilderte Schockerlebnis die ausschließliche Bezo- 
genheit aufs Geld (554a2-9) und die dabei erfolgte Unterdrückung 
des SuposıS£c (553d1-7) das spätere vollständige Fehlen von Ehr- 
geiz (554e7-555a7) verständlich. Beim demokratischen Menschen 
wird die Entfesselung und Gleichstellung aller Triebe (56la6-c5) 
aus der- vorausgegangenen Revolte der nichtnotwendigen Triebe 
abgeleitet (vgl. das Fazit 561al-4). Das Wesen des tyrannischen 
Menschen, das gekennzeichnet ist durch das Beherrschtsein von 
340 Zu diesem wichtigen (und bislang meist übersehenen) Punkt s.u. 
5.142f.; ferner den Kommentar zu 550 c 4-551b7. 
341 Arme scheint es in der Demokratie nur dort zu geben, wo Sokrates sie 
benötigt, um das Erstarken des künftigen Tyrannen zu erklären (566a1-2. 
32-3).
	        
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