Full text: Dialogform und Argument

B. Die Ausweitung des Analogieverfahrens 
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nicht nur erinnert, wie man oft gemeint hat,%2 sondern Sokrates 
nimmt bei der Neuformulierung zwei wichtige Änderungen vor; sie 
betreffen die im letzten Abschnitt genannten Punkte 2 und 3: 
Geändert hat sich zum einen der Status, der der Ähnlichkeit zu- 
geschrieben wird. Galt sie an der ersten Stelle als überprüfungs- 
bedürftige Annahme, so gilt sie nun als erwiesen. Sokrates’ For- 
mulierung zeigt, daß im Falle einer Nichterkennbarkeit der Ähn- 
lichkeit nicht etwa die Annahme revidiert würde, daß Ähnlichkeit 
besteht, sondern das konkrete Ergebnis.** Deutlich wird die Ver- 
schiebung auch daran, daß der Buchstabenvergleich, mit dem das 
Postulat der Ähnlichkeit an der ersten Stelle eingeführt worden 
war, an der zweiten Stelle gar nicht anwendbar wäre; aus ihm er- 
gäben sich hier vielmehr ganz absurde Konsequenzen. ®25 
Geändert, und das heißt, erheblich erweitert, hat sich zweitens 
der Anwendungsbereich der Analogie. Denn in 435b4-c3 schließt 
Sokrates aus dem Vorhandensein von Gerechtigkeit in Polis und 
423 So Adam I 242 und fast alle übrigen Interpreten. Anders (zu Recht) Wil- 
liams [1973] 196 f. ; 
124 434e3-435a4 5 06v Hıuiv &xet (sc. Ev tm nöheL] Ed, Eravaykowuev 
eig tTÖv Eva, x&v uEv ÖnoloyÄtaL, xalÖG EEer edv SE ıı ÄAAO Ev TO Evi 
upaivnraL, AAALV EnavLÖvtEG Enl INV NÖALV BaoavioüueEv, xal tax’ Äv nap’ 
ähAhnAa 0x0on0ÜvVTEG Xal TOLBOVLEG, WONEQ Ex NUpELWV EXACUWAL NOLNOCLUEV 
mv SıxaLoodvnv xal yavegdv yevonewnV Beßauwooueda auTHV Map’ Hıuiv 
aütolc. — AAN’, Eqn, xaO’ 68Öv te AEyeıg xal moLelv XON oUtwWc. Im An- 
schluß daran beruft sich Sokrates ausdrücklich darauf, daß die Verwendung 
desselben Prädikats für Polis und Seele das Bestehen einer Ähnlichkeit belege: 
435a5-b3 &o’ 00v, Hv 5’ &y@, Ö yet tadtöv Äv tıG mo0o0einoL UEIEOÖv TE Xal 
EAaTTOV, ÜVvÖNOLOV TUyXÄvEL Öv TAT] N] TAUTOV MQ0OCAyOREVETAL, N ÖMOLOV; — 
5u0L0v, En. — al SixaLog dpa dwvNE Sıxaiag NÖlEwS xaTt’ AUTÖ TO TÄS 
5LXOLOOUWNG EIBOG 0USEV SLOLOEL, dAA’ EuoLOG EotaL. — EuoLog, Ewn. (Sachlich 
ist diese Behauptung zweifelhaft: Wilson [1983] 37; zu Wittgensteins ganz 
anderer Auffassung vgl. Kutschera [1975] 190-203.) Hier irrt sich auch R. Ro- 
binson [1941] 215. 
%25 Nach der Lesart von 434d2-435 a3 bestünde das Verfahren des Buchsta- 
benvergleichs darin, im festen Glauben an die Ähnlichkeit zwischen großen und 
kleinen Buchstaben zuerst die großen zu lesen, für den Fall, daß sich derselbe 
Text bei den kleinen nicht wiederfinden ließe, jedoch nicht etwa die Annahme 
der Ähnlichkeit in Zweifel zu ziehen, sondern den großgeschriebenen Text. — 
Nach wie vor kann hier von einer ‚Überprüfung der Ähnlichkeit‘ die Rede sein; 
der Sinn dieses Ausdrucks hat sich gegenüber 369a2-3 jedoch grundlegend 
verschoben. — Andersson [1971] 103-105 übergeht die Verschiebung mit Still- 
schweigen, liefert jedoch 109f. dem Eindruck, daß Sokrates einigermaßen 
willkürlich argumentiert, weitere Nahrung.
	        
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