234
V. Seele und Seeleninstanzen
gehört werden soll. Denn die platonischen Belege selbst deuten in
mehrere Richtungen, und einen „eindeutigen vorplatonischen
Sprachgebrauch gibt es nicht.
Das Kunstwort Supost8fc ist vor dem 4. Jahrhundert nicht be-
legt; es erscheint erstmals in der hippokratischen Schrift ‘Von der
Umwelt’, dann bei Platon, Xenophon und Aristoteles.®®5 Platon
verwendet es außer in der ‘Politeia’ (28 Belege) noch dreimal in
späteren Dialogen (‘Timaios’ und ‘Nomoi’).°% In der ‘Politeia’ dient
der Begriff to SupostSEc ab 440e3 zur terminologischen Bezeich-
nung der mittleren Seeleninstanz; das Adjektiv Suposıönc, das
diese Terminologie vorbereitet, taucht freilich schon ab 375a1ll
auf. °6°7 Verbunden werden mit dem Adjektiv und der Seeleninstanz
in der ‘Politeia’ Zustände, Affekte und Eigenschaften recht unter-
schiedlicher Art, etwa Aggressivität (z.B. 375c7-8), Zorn und
Wut (z.B. 440c1-d3),%8 Übellaunigkeit und Mißgunst
(586 c 7-d2), Mut (vgl. 410d6-9),°° in den Büchern VIII und IX
dann vor allem Streben nach Sieg, Überlegenheit und Ansehen
665 Zur Entstehung des Terminus Ouvuosıöng Jaeger [1946] und die (zu Un-
recht weniger beachtete) Replik von Harrison [1953]. Jaeger hatte aus der Be-
zeugung im Corpus Hippocraticum (‘De aere’ 12,30. 16,7. 23,15) auf medizini-
schen Ursprung des Terminus geschlossen; Harrison schließt aus dem gut be-
legbaren Sachverhalt, daß OvwoeLöNg in den ältesten Belegen vorwiegend auf
Tiere (Pferde, Hunde) angewendet wird (Xenophon ‘Memorabilien’ IV 1, 3, 5.
‘Symposion’ 2, 10, 6. ‘Anabasis’ IV S, 36, 2. De equitandi ratione’ 1, 8,8.
9, 1,5. 9,3,1. 9,4,2. 9,5,3. 9,6,3. 9,7,3. 9,8,1. 9,8,3. 9,9,4.
9, 12, 2. 9,12, 4. 10,17, 2; vgl. ‘De equitandi ratione’ 9, 2 "QWTOV UEvV TOLVUV
xon TtoUto yvüvaLı, Ötı toti OuuöG Innw Önep 60ylı dvOoGnw; ferner die Be-
zeugung in Pl.R.375a2-376c6; vgl. Ps.-Platon, “De virtute’ 378 d 3) auf Ur-
sprung aus der Jägersprache.
566 375a11. b7. c7. e10. 376c4. 410b6. d6. 411a10. b7. c2. e6.
435e 4. 440e3. 44132. e6. 442c1. 456a4. 467e4. 547e3. 548c6. 550b3.
b6. 553c1. d1. 572a4. 581a9. 586c7. 590b7. Ti.18a5. Lg.731b3. d4.
(Ferner in den pseudoplatonischen Definitionen’ 413 a7.)
567 Vgl. unten S.258 mit Anm. 728.
568 Dazu Irwin [1977] 328 Anm.19: “Plato is wrong to concentrate so heavily
on anger and to ignore other operations of thymos; but his choice of epithymiai
is equally narrow”. .
569 Siehe 442b11-c4 (vgl. 429a8-c2). Zur Beziehung zwischen 8uvuw6c und
AvSoeia vel. auch Arist. EN 1116b 23-1117 a5.