Full text: Dialogform und Argument

A. Orientierung des Lesers 
243 
vorgeht, um einen solchen Verlauf glaubhaft erscheinen zu lassen, 
ohne den Gesprächscharakter aufzugeben — angesichts der Tatsa- 
che, daß echte Gespräche selten derart zielgerichtet verlaufen. 
Der Autor verwendet, wie sich zeigt, vor allem zwei Methoden: 
Streckenweise wird ein Interaktionsgeschehen fingiert, aus dem 
sich die beabsichtigte Systematik des Gesprächs ergibt — aus 
Sicht der Gesprächsteilnehmer also rein zufällig und von der ein- 
zelnen Dialogfigur nur partiell zu beeinflussen; zudem wird der 
Figur Sokrates die Fähigkeit verliehen, das Gespräch, über dessen 
Verlauf die Partner des Sokrates stets mitentscheiden, maßgeblich 
zu steuern; dies schließt psychagogische Vorgehensweisen und 
persuasive Techniken ein (B). Die Anwendung persuasiver Techni- 
ken wirft freilich eine Reihe von Fragen auf, von denen nur zwei 
der wichtigsten abschließend thematisiert werden: Wie steht es 
um die Legitimation des Philosophen, andere zu täuschen? Und 
welche Absichten verfolgt Platon mit einer solchen Gestaltung sei- 
nes Dialogs gegenüber seinem Leser (C)? 
Die Beobachtungen, die in diesem Kapitel zur Sprache kommen, 
belegen den Einfluß der platonischen Dialogform auch auf die In- 
halte der ‘Politeia’. Die verbreitete Ansicht, die ‘“Politeia’ sei eine 
in Dialogform nur ‚eingekleidete‘ Lehrschrift,°°? wird damit unhalt- 
bar; sie verkennt offensichtlich die darstellerischen Erfordernisse 
des platonischen Dialogs. 
A. Orientierung des Lesers 
Moderne wissenschaftliche Monographien enthalten oft eigene 
Textabschnitte, die dem Leser die Orientierung erleichtern und 
ihm die Funktion einzelner Abschnitte im Rahmen der Gesamtaus- 
sage verdeutlichen sollen: In einführenden Kapiteln kann das Ziel 
und der Aufbau der Untersuchung genannt und die Vorgehensweise 
erläutert werden; am Ende wichtiger Abschnitte können Zwischen- 
ergebnisse zusammengefaßt und untereinander und mit dem über- 
geordneten Beweisziel in Verbindung gebracht werden; aussage- 
kräftige Kapitelüberschriften und deren Ankündigung im Inhaltsver- 
zeichnis bieten dem Leser Informationen darüber, in welche Teil- 
schritte die Untersuchung zerlegt wird, welche Themen dabei zur 
692 Vgl. oben die Einleitung.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.