I. Das sokratische Argument
Gespräch vorgestellt werden soll.’* Hinzu kommen, neben einer
entsprechenden sprachlichen Gestaltung,’° direkte und indirekte
Vorbehalte gegenüber den vorgetragenen Ausführungen. ’® Auch
dort, wo das Gespräch vom Autor nicht als ein für die Beteiligten
unplanbares Interaktionsgeschehen gezeichnet ist, sondern von So-
74 Sehr deutlich gleich zu Beginn des Arguments: 368 b 3-c 3 öo0w 5& UAANOV
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Später etwa in 368c7 (einov o0v örnep E&uol KöoEev xrtA.), 375d3 (xal Ey
ANOQNIAG TE XAl ENLOXEWAÄUEVOG TA EWNQOOOEV TA.) oder 394 d 7-9 Cows, Hv
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äv 6 A6yos ÖoneQ Kvelua Eon, TAT Lt£ov.). Am deutlichsten wird die Im-
provisation dort, wo Sokrates durch Einwände der Partner gezwungen wird,
seine Planung vollkommen zu ändern: 372c2-e1 (wozu G.A. Seeck, Gymna-
sium 101, 1994, 97-111) und 449b1ff. (vgl. 471c 4ff.). Hinzu kommen Ein-
zelheiten wie etwa die offensichtliche ad-hoc-Prägung eines benötigten Ver-
fassungsnamens (545b6-7). — Die platonische Rahmengestaltung macht den
Leser nicht zum fiktiven Rezipienten einer fertig ausgearbeiteten sokratischen
Lehre, sondern zum fiktiven Zuhörer eines ungeplanten Gesprächs.
75 An vielen Stellen 1äßt Platon seine Figuren so formulieren, als fänden die
zum Ausdruck gebrachten Gedanken und Argumente erst während des Spre-
chens ihre endgültige Gestalt. Daraus resultieren die bekannten syntaktischen
Verschiebungen und Anakoluthe, die der schriftlich komponierende Autor natür-
lich leicht hätte vermeiden können,
76 Bekannt ist der ausdrückliche Vorbehalt, es gebe einen verläßlicheren,
aber längeren Weg (435c9-d8), auf den in 504b1ff. Bezug genommen wird
(vgl. Anm. 430). Andere Vorbehalte finden sich in der Passage, in der Sokrates
von der Idee des Guten spricht. — Weniger Beachtung haben die in Selbstre-
Ferenzen gekleideten indirekten Vorbehalte gefunden, die bisher nicht umfas-
send untersucht worden sind. Interessant ist z.B. 376e9-10, wo Sokrates
seine eigenen Ausführungen als ‚Geschichten erzählen‘ (uv9olAoyeLv) ankündigt,
um wenige Zeilen später mit der Behauptung einzusetzen, Geschichten (uö0or)
enthielten zwar auch Wahrheit, seien aber, aufs Ganze gesehen erfunden
(377 a 4-6; vgl auch 392a13-b 7). Als Sokrates in 506 b2-c3 gesteht, über das
Gute kein Wissen zu besitzen, erwidert Glaukon, man sei auch schon zufrie-
den, wenn Sokrates so spreche, wie er über die Gerechtigkeit, die Besonnen-
heit und das übrige gesprochen habe; im Kontext gewinnt dieses ‚so ... wie‘
den Sinn: ohne gesichertes Wissen (506d2-5 un m00g As, N &’ Ösc, ©
Züxgatec, 6 TAaüxwv, Öoneg Enl tEAEL ÖV ANOOTÄS. AOXEOEL YAQ Hlv, XV
ÖoneO SıxaLo0uWNG NELL XaAl OWPQLOGÜVNG Xxal TOV AAAwV SıhAOeEc, oUTW al
epl TOU d&yaßod Sı£l\Onc). Femer etwa 487 b 1-c 4.