Full text: Dialogform und Argument

Il. Die schlechten Ordnungen in Polis und Seele 
mehr, die vier erwähnenswerten schlechten Ordnungen aufzuzäh- 
len. 15 
Sokrates formuliert hier nicht Fragen, sondern er stellt Behaup- 
tungen auf. Zu trennen sind 1) die Aussage, der einen Art des 
Gutseins stünden unbestimmt viele Arten der Schlechtigkeit ge- 
genüber, 2) die Rede von besprechenswerten Arten und 3) deren 
Vierzahl. 
Die Aussage, es gebe nur eine Art des Gutseins, jedoch unbe- 
stimmt viele Arten der Schlechtigkeit, ist an sich zwar keines- 
wegs selbstverständlich, entspricht aber den besonderen Maßstä- 
ben, die in der ‘Politeia’ gelten; wenn ‚gut‘ als ‚perfekt‘ oder 
‚vollkommen‘ verstanden wird, ist klarerweise nur eine gute Ord- 
nung möglich.!l® Jede Abweichung von ihr führt dann zur Ver- 
schlechterung, und selbstverständlich gibt es, sowohl der Größe 
als auch der Art nach, unbestimmt viele Möglichkeiten solcher 
Abweichung.!!? Nicht unproblematisch ist es allerdings, die unbe- 
stimmt vielen Arten der Schlechtigkeit mit der Dreizahl der See- 
leninstanzen und mit der Konzeption, daß jede Art der Schlechtig- 
keit Herrschaft einer falschen Instanz ist, in Einklang zu brin- 
gen. 118 
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116 Aristoteles hingegen geht ohne weiteres von mehreren guten und 
schlechten Ordnungen aus (z.B. Pol.1279a22 ff.; dazu Schütrumpf [1991 b] 
460-463), und Platon selbst, der auch im “‘Politikos’ nur eine richtige Ordnung 
{neben sechs verfehlten) gelten läßt (293c5-e5. 302b5ff.), spricht in den 
‘Nomoi’ auch von einer zweitbesten und drittbesten Ordnung (739a6-7. b3). 
Selbst in der ‘Politeia’ mutet Platon dem Leser die Folgerung ‚Wenn diese 
Ordnung gut ist, sind alle übrigen schlecht‘ nicht zu (vgl. 544a1-2, wozu im 
Kommentar). — Zur Forderung, das Extrem zu prüfen, vgl. oben S.19; zur ob- 
jektivistischen Konzeption von ‚gut‘ Stemmer [1988] 530. 
17 Auch in der erst kurz zurückliegenden Passage 444 a 10-c 4 ist die Unge- 
rechtigkeit nur negativ als ein Abweichen von der einen richtigen Ordnung 
charakterisiert worden: vgl. Hellwig [1980] 14-17. 
118 ’Agetf und xaxia sind hier, wie der Kontext zeigt (441d2. 444b8, 
444d13. el. e4. e5. 445b2. b3; vgl. 427e7. 432b4. 433c5. d2. d7.
	        
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