Full text: Dialogform und Argument

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IH. Die schlechten Ordnungen in Polis und Seele 
Monarchie, Oligarchie (Aristokratie) und Demokratie,?®” wobei das 
Unterscheidungskriterium, wie leicht zu sehen, in der Zahl der 
Regierenden bestand;?2% eine zusätzliche Differenzierung nach gu- 
ten und schlechten Formen der Regierung führte zu einer Sechs- 
zahl..2% Für eine Erweiterung des Dreierschemas durch Einbezie- 
hung der lakonischen Ordnung läßt sich keine Tradition feststel- 
len. 21090 Daß der vermeintlich bekannte Typus in Wahrheit eine von 
207 Der älteste Beleg ist (neben der Andeutung bei Pindar, ‘Pythien’ 2, 
87-88) die bekannte Verfassungsdebatte bei Herodot III 80-82. Das Schema 
begegnet auch im ersten Buch der ‘Politeia’ im Munde des Thrasymachos,- der 
von Tyrannis, Aristokratie und Demokratie spricht (338d7-8; vgl. z.B. auch 
Lg.712d2-e5. 832c 2-3. Plt.302c 1-45) und ist noch nach Platons Tod allge- 
mein üblich, wie Aischines, or.1, 4 und or.3, 6 bezeugt. Ausführlicher dazu 
etwa Romilly [1959]; Bleicken [1979]; Nippel [1980] 30-41; Bordes [1982] 
460-463; Schütrumpf [1991 bj 460f.; vgl. Eucken [1983] 219f. 
208 Vgl. Raaflaub [1985] 266. 
209 Vgl. z.B. Arist.Pol.1279 a 22-b 10 (mit Schütrumpf [1991 b] 460-463), wo 
die drei schlechten Ordnungen Oligarchie, Demokratie und Tyrannis heißen; auf 
diese Begriffe bezieht sich Aristoteles, der freilich zuweilen gegen die her- 
kömmlichen Einteilungskriterien polemisiert, immer wieder, wenn er etwa 'Un- 
terarten von Oligarchie, Demokratie und Tyrannis aufzählt oder die Bestand- 
teile gemischter Verfassungen als ‚oligarchisch‘ etc. klassifiziert (etwa 
Pol.1289a 26-1295 a 24). — Dem Sechserschema folgt (trotz der Reduzierung 
auf fünf Verfassungen) Platon selbst in Plt.302b 5-303b7 (wo nur auf eine un- 
terschiedliche Bezeichnung der guten und der schlechten Demokratie verzichtet 
wird). Dazu Bordes [1982]. 
“0 Andere Viererschemata erklären sich als Vorstufen auf dem Weg zum 
Sechserschema; in keinem von ihnen ist die spartanische (oder kretische) Ver- 
Fassung einbezogen (Schütrumpf [1991b] 461). Vgl. Bordes [1982] 385f. — 
Aristoteles ersetzt in EN 1160a31-35 die Bezeichnung “Politie’ (xoAıteia) 
durch “Timokratie’, die als passende Neubildung, d.h. ohne Bezugnahme auf 
Platon eingeführt wird: tpitn dt dmö TUUNUATWV, ÄVY TLUOXQATLKNV AÄEYyELV 
olxelov waliverau. Sachlich hat die aristotelische Timokratie, die positive 
Spielart der Entartungsform ‚Demokratie‘ (EN 1160b16-19; vgl. 1161a3-5. 
a25-30), mit der platonischen Timokratie nichts gemein; Platons Verfassung 
And TıumLATOV ist die Oligarchie (550c11; vgl. Isokrates, or.12 = “‘Pan- 
athenaikos’, 131; Jowett/Campbell III 363; Dirlmeier [1979] 527 Anm.184,3). 
Schütrumpfs Bemerkung, die platonische Timokratie entspreche der aristoteli- 
schen Politie (461; vgl. auch 231), ist daher ein irreführender Schematismus 
(vgl. oben Anm. 160); die aristotelische Politie weist als Mischung von Demo- 
kratie und Oligarchie (z.B. Pol.1293b33-34) zu Platons Timokratie keine 
Ähnlichkeit auf (vgl. 547b2-548c8) und wird in 1265b 26-33 auch von der 
lakonischen Ordnung ausdrücklich unterschieden.
	        
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