Full text: "Nur deshalb sind dem Tode wir entronnen, damit wir an dem Frieden bau'n"

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TOTALER KRIEG-TOTALE HÄFTLINGSAUSBEUTUNG 
Von Alfredine Wawcziniak 
Innerhalb des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück wurden 1940 die 
sogenannten „Dachauer Betriebe" errichtet. Sie trugen diesen Namen, weil 
die Muttergesellschaft ihren Sitz in Dachau hatte und die Betriebe unter 
deren ständiger Kontrolle standen. Es handelte sich dabei um eine 
„private" G. m. b. H., denn nach den Satzungen der SS durfte diese von sich 
aus keine gewinnbringenden Handelsgeschäfte machen. Wer aber war an 
der „Gesellschaft für Textil- und Lederverwertung G. m. b. H. Dachau" be 
teiligt? SS-Brigadeführer Frank mit einer Bareinlage von 10 000 RM und 
SS-Oberführer Georg Lörner mit einer Bareinlage von 10 000 RM. Außer 
dem gewährte der Staat ein langfristiges Darlehn in Höhe von 1 700 000 RM. 
Geschäftsführer und technisches Personal wurden vom SS-Bekleidungswerk 
Dachau gestellt, damit die praktischen Erfahrungen, die diese SS-Angehörigen 
bereits sechs Jahre hindurch im dortigen Männerlager gesammelt hatten, 
dem neuen Unternehmen „zugute" kommen konnten. Diese G. m. b. H. war 
keine Einzelerscheinung. 1941 wurde sie dem Konzern „Deutsche Wirt 
schaftsbetriebe G. m. b. H." angegliedert, dessen alleiniger Gesell 
schafter SS-Obergruppenführer Pohl war, Sitz Berlin. Pohl waren die Gelder 
der SS zur Verfügung gestellt, um große Werke zu errichten, die fast aus 
schließlich mit Häftlingen aus Konzentrationslagern arbeiteten. Dieser Konzern 
umfaßte etwa 100 Betriebe. 
Und nun einige Streiflichter über die Arbeitsverhältnisse auf dem sogenannten 
Ravensbrücker „Industriehof". In der Strohflechterei waren vor 
wiegend Zigeuner, darunter vierzehnjährige Kinder und politische Häftlinge 
der verschiedensten Nationen beschäftigt. Die Strohflechterei war neben 
dem geforderten Pensum deshalb so gefürchtet, weil Frauen durch das 
Flechten blutige Hände bekamen und danach durch Schmutzinfektion eitrige 
Ekzeme. Hergestellt wurden Strohschuhe für Militärwachtposten. Durch die 
Staubentwicklung und das Fehlen jeglicher Lüftungsmöglichkeit war be 
sonders die Nachtarbeit eine Qual für die arbeitenden Häftlinge, denn 
wegen der Verdunkelung durfte kein Fenster geöffnet werden. Der Betrieb 
war die beste Vorbereitung für die später auch in erschreckendem Aus 
maße auftretende Lungentuberkulose. Als nach dem Tode Heydrichs im 
Jahre 1942 die Frauen des von den Deutschen vollständig niedergebrannten 
tschechischen Dorfes Lidice ins Lager eingeliefert wurden, mußten diese, 
vom Kind bis zur Greisin, wochenlang ununterbrochen in diesem Betrieb 
Nachtschicht machen. 
Die Schneiderei I war ein moderner Großbetrieb. Es wurden ab 
wechselnd in Tag- und Nachtschicht je 600 Häftlinge beschäftigt. In einer 
einzigen großen Halle standen neben den Einlegetischen für die Zuschnitte, 
den Handarbeits- und Kontrolltischen 13 Schiebebänder mit je 26 Maschinen. 
Dazu kamen die verschiedenen Spezial- und Knopflochmaschinen, die den 
Lärm der Nähmaschinen noch übertönten. In den letzten Monaten wurden 
die Ai beitsplätze noch mehr eingeengt durch die Errichtung einer Dampf- 
bugelanlage. Wer zum erstenmal die große Halle betrat, glaubte sich in 
eine Hölle oder Irrenanstalt versetzt. Abgesehen vom Lärm der Maschinen 
und der stickigen Luft, die einem den Atem nahm, hörte man an allen
	        
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