Full text: Träumereien an französischen Kaminen: Märchen

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danken; morgen ist sie die alte." Doch er tauschte sich; denn am andern Morgen 
weinte die Frau zwar nicht mehr, aber sie war ernst und traurig und ging ihrem 
Manne aus dem Wege. Jeder Versuch sie zu tröste» scheiterte, wie am Abend 
zuvor. Den größten Teil des Tages saß sie in einer Ecke und grübelte, und 
wenn ihr Mann hereintrat, schrak sie zusammen. 
Als dies mehrere Tage gedauert, ohne daß eine Aenderung eintrat, befiel 
auch ihn eine große Traurigkeit; denn er sürchtetc, er hatte die Liebe seiner Frau 
aus immer verloren. Er ging still im Hause umher cind sann aus Abhilfe, doch eS 
wollte ihm nichts einfallen. Da ging er eines Mittags zum Dorfe hinaus und 
schlenderte durchs Feld. Es war ein heißer Julitag; keine Wolke ain Himmel. Die 
reife Saat wogte wie ein aoldner See und die Vögel sangen; doch sein Herz war voller 
Bekümmernis. Da sah er von fern die alte Traumbuche stehen: wie eine Königin der 
Baume ragte sic hoch in den Himmel hinein. Es kam ihm vor, als wenn sie ihm mit 
ihren grünen Zweigen zuwinkte und wie eine alte, gute Freundin zu sich riefe. Er ging 
hin und setzte sich unter sie und dachte an die vergangene Zeit. Fünf Jahre waren 
ziemlich genau verflossen, seit er als ein armer Teufel zum ersten Male unter ihr 
geruht und so schön geträumt hatte. Ach so wunderschön! Und der Traum hatte 
fünf Jahre gedauert. — Und nun? Alles vorbei! Alles vorbei? Auf immer? — 
Da fing die Buche wieder zu rauschen an, wie vor fünf Jahren, und bewegte 
ihre mächtigen Zweige. Und wie sie dicsclbcn bewegte, ließ sie wie damals bald hier, 
bald dort einen feinen glitzernden Sonnenstrahl durchfallcn, und bald hier, bald da ein 
Stückchen blauen Himmel durchscheinen. Da wurde sein Herz stiller, und er schlief 
ein; denn er hatte vor Sorge die vorhergehenden Nachte nicht geschlafen. Und nicht 
lange, so träumte er denselben Traum wie vor fünf Jahren, und die Frau am Tisch 
und die spielenden Kinder hatten die alten, lieben Gesichter von seiner Frau und 
von seinen Kindern. Und die Frau sah ihn so freundlich an — ach so freundlich! 
Da wachte er auf, und als er sah, daß es nur ein Traum war, ward er 
noch trauriger. Er brach sich einen kleinen grünen Zweig ab von der Buche, 
ging nach Haus und legte ihn ins Gesangbuch. Als die Frau am nächsten
	        
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