Full text: Träumereien an französischen Kaminen: Märchen

/ttö war einmal eine Frau, die hatte ein einziges Töchtcrchcn, das war sehr 
V klein und blaß und wohl etwas anders, wie andre Kinder. Denn wenn 
die Frau mit ihm ausging, blieben oft die Leute stehen, sahen dein Kinde nach 
und raunten sich ctwaS zu. Wenn dann das kleine Mädchen seine Mutter fragte, 
weshalb die Leute cs so sonderbar ansahen, cntgegncte die Mutter jedesmal: 
„Weil du ein so wunderhübsches, neues Kleidchen anhast." Darauf gab sich die 
Kleine zufrieden. Kamen sie jedoch nach Hause zurück, so nahm die Mutter ihr 
Töchterchcn auf die Arme, küßte cs wieder und immer wieder und sagte: „Du 
lieber, süßer Herzcnscngcl, was soll auö dir werden, wenn ich einmal tot bin? 
Kein Mensch weiß cS, was du für ein lieber Engel bist; nicht einmal dein Vater!" 
Nach einiger Zeit wurde die Mutter plötzlich krank und am neunten Tage 
starb sie. Da warf sich der Vater des kleinen Mädchens verzweifelt auf das Toten 
bett und wollte sich mit seiner Frau begraben lassen. Seine Freunde jedoch redeten 
ihin zu und trösteten ihn; da ließ er es, und nach einem Jahre nahm er sich eine 
andre Frau, schöner, jünger und reicher als die erste, aber so gut war sie lange nicht. 
Und das kleine Mädchen hatte die ganze Zeit, seit seine Mutter gestorben 
war, jeden Tag von früh bis abend in der Stube aus den: Fensterbrett gesessen; 
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