Full text: Träumereien an französischen Kaminen: Märchen

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Am andern Morgen war das kleine Mädchen tot. 
„Weine nicht, Mann \" sagte die neue Mutter; „es ist für das arme Kind so am 
besten \" Und der Mann erwiderte kein Wort, sondern nickte stumm init dem Kopfe. 
Als nun das kleine Mädchen begraben war, kam ein Engel mit großen, 
weißen Schwancnflügcln vom Himmel herabgeflogen, setzte sich neben daS Grab 
und klopfte daran, als wenn es eine Türe wäre. Alsbald kam das kleine 
Mädchen aus dem Grabe hervor, und der Engel erzählte ihm, er sei gekommen, 
um cs zu seiner Mutter in den Himmel zu holen. Da fragte das kleine Mädchen 
schüchtern, ob denn bucklige Kinder auch in den Himmel kamen. Es könne sich 
das gar nicht vorstellen, weil eö doch im Himmel so schön und vornehm wäre. 
Jedoch der Engel erwiderte: „Du gutes, liebes Kind, du bist ja gar nicht 
mehr bucklig!" und berührte ihm den Rücken mit seiner weißen Hand. Da fiel 
der alte garstige Buckel ab wie eine große hohle Schale. Und was war darin? 
Zwei herrliche, weiße Engclflügel! Die spannte es aus, als wenn cs schon 
immer fliegen gekonnt hatte, und flog mit dem Engel durch den blitzenden 
Sonnenschein in den blauen Himmel hinauf. Auf dem höchsten Platze im 
Himmel aber saß seine gute alte Mutter und breitete ihm die Arme entgegen. 
Der flog es gerade auf den Schoß. —
	        
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