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kleines Häuschen besahen, war eS zu einem wundervollen Schlosse geworden,
mit gläsernen Treppen, Wänden von Marmclstcin, Tapeten von Samt und
spitzen Türmen mit blauen Schieferdächern. Da faßten sic sich an und gingen in
das Schloß hinein, und als sie eintraten, waren schon die Untertanen versammelt
und verneigten sich tief. Pauken und Trompeten erschallten, und Edelknaben .gingen
vor ihnen her und streuten Blumen. Da waren sie König und Königin.
Am andern Morgen aber lief eS wie ein Feuer durch das Dorf, daß der
Traumjörge wiedergekommen sei und sich eine Frau mitgebracht habe. „Das wird
auch waö recht Gescheites sein," sagte» die Leute. „Ich habe sie heute früh schon
gesehen," fiel einer von den Bauern ins Wort, „als ich in den Wald ging. Sie
stand mit ihm vor der Türe. Es ist nichts Besonderes, eine ganz gewöhnliche Person,
klein und schmächtig. Ziemlich ärmlich war sie auch angezogen. Wo soll'ö denn
am Ende auch herkommen! Er hat nichts, da wird sie wohl auch nichts haben!"
So schwatzten sie, die dummen Leute; denn sie konnten cs nicht sehen, daß
eö eine Prinzessin war. Und daß das Häuschen sich in ein großes, wundervolles
Schloß verwandelt hatte, bemerkten sie in ihrer Einfalt auch nicht, denn eS war
eben ein unsichtbares Königreich, was dein Traumjörge vom Himmel herab
gefallen war. Aus diesem Grunde bekümmerte er sich auch um die dummen
Leute gar nicht, sondern lebte in seinem Königreiche und mit seiner lieben Prin
zessin herrlich und vergnügt. Und er bekam sechs Kinder, eins immer schöner
wie das andre, und das waren lauter Prinzen und Prinzessinnen. Niemand
aber wußte cs im Dorf, denn das waren ganz gewöhnliche Leute und viel zu
einfältig, um es einzusehen. —