Full text: Träumereien an französischen Kaminen: Märchen

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nütz, und das Äuffcn bei Brautleuten eine gar wichtige Sache ist, waren sie 
überein gekommen, daß sieben Küste morgens und sieben Küste abends eine gute 
Zahl waren. Eine Zeitlang ist eö denn auch ganz gcit gegangen, und immer 
waren zur rechten Zeit die sieben richtig und voll. Am Morgen aber des Tages, 
wo diese Geschichte sich zugetragen hat, eben da es zum siebenten Küste kommen 
sollte, waren dem Bärbel seine LieblingöganS und dem Christoph sein Lieblings 
ferkel wegen des Frühstücks uneinig geworden, also, daß sie sich gar hart anließen 
und beinahe schon zu Tätlichkeiten übergingen. Da mußten sie es, uni den Streit 
zu schlichte», bei der falschen Zahl lassen. Wie nun beide nachher so einsam und 
weit voneinander am Wiesenrande saßen, fiel ihnen ein, daß es doch sehr schliinm 
sei, und fingen an zu weinen, und weinten immer noch, als der liebe Gott selbst zusah. 
Der liebe Gott meinte anfangs, ihr Leid würde sich mit der Zeit wohl von selbst 
geben; als aber das Weine» immer ärger wurde und dem Christoph sein Lieblingöferkel 
und dem Bärbel seine Lieblingsgans auch schon begannen, schier traurig zu werden 
und ganz sauertöpfische Gesichter zu machen, sprach er: „Ich will ihnen helfen! 
Was sie sich am heutigen Tage nur immer wünschen mögen, soll in Erfüllung gehen." 
Die Zwei hatten aber nur einen Gedanken; denn wie so eins nach dem 
andern schaute, und konnten sich doch nicht sehen, denn die Wiese war lang, und 
in der Mitte ein Busch, dachte der Christoph: „Wenn ich doch drüben bei den 
Gänsen wäre!" und daö Bärbel seufzte: „Ach, wäre ich doch bei den Schweinen!" 
Ans einmal nun saß der Christoph wirklich bei den Gänsen und daS Bärbel 
bei den Schweinen; und doch waren sie wieder nicht beieinander, und die falsche 
Zahl konnte immer noch nicht richtig gemacht werden. 
Da dachte der Christoph: „Daö Bärbel wird mich wohl haben besuchen 
wollen," und das Bärbel dachte: „Was gilt'ö, der Christoph ist andersrum zu 
mir rübergegangen!" „Ach, wär ich doch bei meinen Gänsen!" — „Ach, wär 
ich doch bei meinen Schweinen!" — 
Da saß nun wieder daö Bärbel bei den Gänsen und der Christoph bei den
	        
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