Full text: Das Berliner Schloss in den Revolutionstagen 1918: Erinnerungen u. Eindrücke

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Linden hinausgehend, nur bis zur Friedrichstrabe. Von dort ab 
war die Straße bis znm Schloß und wohl darüber hinaus durch 
Soldaten mit roten Armbinden abgesperrt. Nur einzelne Leute, 
die sich als Bewohner der im Absperrungsgebist liegenden Käuser 
ausweisen tronnlen, wurden durchgelassen. Der Grund der Ab 
sperrung war, daß in der ganzen Gegend immer noch bei Tag 
und Nacht vereinzelt geschossen wurde, angeblich um wieder in 
dort liegenden öffentlichen Gebäuden sich versteckt haltende „königs 
treue" Offiziers zu vertreiben. Aus meine mehr zum Zwecke der 
Feststellung als in ernster Absicht an einen allerdings besonders 
grimm aussehenden Stratioten gestellte Frage, ob ich in die König 
liche Bibliothek gehen dürste, antwortete er barsch: „Mann, rin 
kommen Se, raus nie wieder." Das „Cafe Bauer", wie das 
gegenüberliegende „Victoria-Cafe" wiesen eine große Zahl von 
Schußstellen aus; die Fensterscheiben waren zum Teil zerbrochen. 
Ich bog nun in die Friedrichstraße nach dem Bahnhof zu ein, sah, 
daß auch das „Central-Kotel" beschossen worden war und daß in 
der Mittelstraße der Kosfriseur Kaby sein Koflieferantenschild mit 
emsiger Geschäftigkeit herunternehmen ließ. 
Die Aussicht, für unbestimmte Zeit die berufliche Arbeit nicht 
wieder aufnehmen zu können, und die Ungewißheit, ob die Kaus- 
bibliothek beschädigt sei. war niederdrückend. 
Um so erfreuter war ich, als ich noch im Laufe des Montag 
abend durch telephonischen Anruf für den nächsten Tag nach dem 
Neuen Palais gebeten wurde. Es erschien zweckmäßig, über die 
dort befindlichen Bücher des Kaiserpaares Anordnungen zu treffen. 
Die Kaiserin befand sich, wie alljährlich um diese Zeit, seit Monaten 
im Neuen Palais, das der Kaiser Ende Oktober verlassen hatte, 
um wieder nach dem Großen Kauptquartier in Spaa und von 
dort zur Front zu gehen. Die Prinzen Eitel-Friedrich, August 
Wilhelm und Oskar mit ihren Gemahlinnen, auch die Kron 
prinzessin mit ihren Kindern, waren um sie, ebenso der übliche 
Kofstaat. Die Mannschasten der Insanterie-Stabswache, die noch 
von der Anwesenheit des Kaisers her im Neuen Palais stationiert 
waren und bis zur Revolution die Wachen gestellt hatten, waren 
in den Abendstunden des 9. November nach Bildung eines 
Soldatenrates auseinandergelaufen. Durch Vermittlung des Obersten 
von Kahnke, der sich der Kaiserin zur Verfügung gestellt hatte 
und auch im Neuen Palais wohnte, waren dann von der Pots 
damer Garnison Mannschasten zur Absperrung des Palais dorthin 
beordert worden. Im Innern übernahm der Oberkastellan mit 
seinen Schloßdienern und der persönliche Dienst der Kaiserin ihren 
Schuh. Zum Glück blieb alles ruhig. Die zum Eintritt in das 
Palais Berechtigten wurden wie sonst, nachdem sie sich durch ihre 
Einlaßkarte ausgewiesen hatten, von dem Posten und dem ihm 
wie früher beigegebenen Schutzmann durchgelassen. Abgesehen
	        
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