Full text: Das Berliner Schloss in den Revolutionstagen 1918: Erinnerungen u. Eindrücke

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Unterkunft und Verpflegung zu bekommen, den Malrosen ange 
schlossen. In den Räumen, die sonst mil peinlichster Sauberkeit 
gepflegt wurden, hielten sich jetzt die qualmenden, ihre Zigaretten 
enden auf den Boden werfenden, umherspuckenden, sich bewußt 
roh gebärdenden Matrosen auf. Auf den Treppen ein ständiger 
Verkehr; eine Aufsicht über diesen gab es nicht. Mir schien es, 
jeder, der Uniform anhabe, könne ungehindert gehen, wohin er 
wolle. Nur so verdächtige Elemente wie ich wurden scharf be 
wacht. Mein erster Besuch im Schloß fiel gerade in die zügel 
loseste Zeit der Matrosenherrschaft. Der von mir schon oben ge 
kennzeichnete Matrose Wilke war damals Kommandant. Wo er 
sein Quartier hatte, schien niemand recht zu wissen. Wenigstens 
irrte der mir zur Führung mitgegebene Soldat rat- und planlos in 
den mir so vertrauten Gängen und Räumen umher. Immer wieder 
fragte ich mich, wie ist das möglich geworden, und wie soll das enden? 
Schließlich kamen wir auf den ersten Kof, auf dem Maschinen 
gewehre und sonstiges Waffengerät standen. Dort sah ich von 
weitem den Kastellan Klose, dessen Aufsicht die kaiserliche Woh 
nung unterstellt gewesen war. Ich bedeutete meinem Begleiter, 
dieser würde uns gewiß Auskunft geben können. Unter den aus 
dem Rahmen des Schloßbildes so gänzlich herausfallenden Ge 
stalten ein bekanntes Gesicht zu erblicken, war eine seelische Ent 
lastung und ließ wieder zu Atem kommen. Klose rief, nachdem 
ich ihm meinen Wunsch ausgesprochen hatte, einen über den Kos 
gehenden Matrosen heran, den er mir als Waffenmeister Köhler 
vorstellte. Köhler, ein untersetzter, energisch aussehender, stark 
selbstbewußter Mensch, hatte den Kastellan in seinen Bemühungen, 
Diebstähle nach Möglichkeit zu verhindern, nach besten Kräften 
unterstützt. Angeblich durste ohne seine Erlaubnis niemand durch 
die Räume der kaiserlichen Wohnung gehen. Wie wenig er dies 
verhindern konnte, hatte ich bald Gelegenheit, festzustellen. Nach 
dem er von meinen Personalien in Kenntnis gesetzt worden war, 
begannen wir zu vieren die Wanderung durch die Prioatzimmer 
der Majestäten. Jeder Schloßbewohner oder im Schlosse Tätige 
weiß, welche selbstverständliche Zurückhaltung bisher beim Betreten 
dieser Räume beobachtet worden war. Nur dem, der dienstlich 
unbedingt darin zu tun hatte, war der Zutritt gestattet. Da die 
Privatbibliotheken der Majestäten in unmittelbarem Zusammen 
hang mit den von ihnen bewohnten Gemächern standen, waren sie 
mir durch jahrelange dienstliche Tätigkeit wohlvertraut. Und doch 
hatte ich sie immer mit einer Pietät, die mir die Verehrung für 
ihre Bewohner eingab, betreten. Ihre Einrichtung, die Bilder, 
Kunstgegenstände, Erinnerungsstücke, die aus Tischen und Gestellen 
umherliegenden und stehenden Bücher, alles das war Ausdruck 
ihrer Persönlichkeit. Man wußte, wie sie an den einzelnen Dingen 
hingen, wenn es auch nur Lichtbildaufnahme von dieser oder jener
	        
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