174
Leutnants-Leben
eben die lächerliche Pointe kommen sollte. Uebrigens war gut mit
ihm auskommen; er war sehr verträglich und gefällig bis zur Auf
opferung. Er versetzte einst seinen Mantel, weil i c h Geld brauchte.
Anfang 1831 wurde meine Kompanie in das Weisenauer Lager
verlegt und ich mußte eine Dienstwohnung im Weisenauer Kloster
beziehen, welches an der dicht am Rhein hinführenden Landstraße
liegt und nahe bei der Neuen Anlage ist. In letzterer schlug ich nun
für gewöhnlich mein Hauptquartier auf und aß auch hier zu Mittag.
Die Jagd hatte immer viel Reiz für mich gehabt; ich hatte sie
ja schon von Kindheit an getrieben, oder war doch wenigstens sehr
häufig dabei gewesen und hatte beständig davon erzählen hören. Die
Gelegenheit zum Jagen fehlte in Mainz nicht und man wußte sie zu
finden. Die Jagd im Festungsrayon gehörte der Kommandantur und
der General von Müffling hatte nicht viel dagegen, wenn wir darin
umherstöberten. Zu Treibjagden, welche er und General Schütz
gaben, wurden die Jäger unter den Offizieren stets eingeladen. Nicht
selten erstreckten wir aber auch unsere wilddiebischen Exkursionen
über das Gebiet der Festung hinaus und besonders war die Main
spitze, welche zur Rüsselsheimer Jagd gehörte, unseren Raubzügen
ausgesetzt. Der Jagdpächter trachtete natürlich eifrig danach, uns
dies Handwerk zu verleiden. Dem Leutnant v, Ziegesar hatten die
Jagdaufseher einst den Rückzug abgeschnitten und trieben ihn in die
Ecke zwischen Main und Rhein, Sie meinten ihn schon sicher zu
haben, als er ruhig sein Gewehr überhing, in den Rhein sprang und
ans andere Ufer schwamm.
Ich hatte bei einer solchen Jagdpartie nach der Mainspitze
ebenfalls ein nasses Abenteuer. Das Weisenauer Kloster lag jener
Spitze gerade gegenüber und es gab dort eine große Menge von
Enten. Mein Bursche, der ein Schiffer von der Elbe war, mußte mich
häufig vor Tag über den Rhein fahren, wozu ich mir in Weisenau
einen kleinen Nachen lieh, den sie „Seelenverkäufer" nannten, wahr
scheinlich der Kleinheit und Unsicherheit wegen. Eines Morgens im
März sollte abermals eine solche Exkursion unternommen werden.
Die Fischer, die schon auf waren, widerrieten die Fahrt sehr, denn
der Rhein war nicht allein angeschwollen, sondern es war auch
stürmisches Wetter- Sie meinten, wir würden nicht hinüber kommen;
da aber mein Bursche anderer Ansicht war, so blieb es bei dem
Vorhaben. Ich war ziemlich warm gekleidet und hatte große, juchten
lederne Wasserstiefel an. Mein Friedrich arbeitete aus Leibeskräften;
allein bald sah ich ein, daß seine Kräfte bei dem heftigen Strom und
Wind nicht ausreichten. Als eine Welle in den Nachen schlug, hing
ich mein Gewehr auf den Rücken und fragte meinen Friedrich, ob
er schwimmen könne. Zu meinem Schrecken verneinte er es; ich
hatte es bisher gar nicht für möglich gehalten, daß ein Schiffer nicht