Full text: Ein Leben voller Abenteuer (1)

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Leutnants-Leben 
eben die lächerliche Pointe kommen sollte. Uebrigens war gut mit 
ihm auskommen; er war sehr verträglich und gefällig bis zur Auf 
opferung. Er versetzte einst seinen Mantel, weil i c h Geld brauchte. 
Anfang 1831 wurde meine Kompanie in das Weisenauer Lager 
verlegt und ich mußte eine Dienstwohnung im Weisenauer Kloster 
beziehen, welches an der dicht am Rhein hinführenden Landstraße 
liegt und nahe bei der Neuen Anlage ist. In letzterer schlug ich nun 
für gewöhnlich mein Hauptquartier auf und aß auch hier zu Mittag. 
Die Jagd hatte immer viel Reiz für mich gehabt; ich hatte sie 
ja schon von Kindheit an getrieben, oder war doch wenigstens sehr 
häufig dabei gewesen und hatte beständig davon erzählen hören. Die 
Gelegenheit zum Jagen fehlte in Mainz nicht und man wußte sie zu 
finden. Die Jagd im Festungsrayon gehörte der Kommandantur und 
der General von Müffling hatte nicht viel dagegen, wenn wir darin 
umherstöberten. Zu Treibjagden, welche er und General Schütz 
gaben, wurden die Jäger unter den Offizieren stets eingeladen. Nicht 
selten erstreckten wir aber auch unsere wilddiebischen Exkursionen 
über das Gebiet der Festung hinaus und besonders war die Main 
spitze, welche zur Rüsselsheimer Jagd gehörte, unseren Raubzügen 
ausgesetzt. Der Jagdpächter trachtete natürlich eifrig danach, uns 
dies Handwerk zu verleiden. Dem Leutnant v, Ziegesar hatten die 
Jagdaufseher einst den Rückzug abgeschnitten und trieben ihn in die 
Ecke zwischen Main und Rhein, Sie meinten ihn schon sicher zu 
haben, als er ruhig sein Gewehr überhing, in den Rhein sprang und 
ans andere Ufer schwamm. 
Ich hatte bei einer solchen Jagdpartie nach der Mainspitze 
ebenfalls ein nasses Abenteuer. Das Weisenauer Kloster lag jener 
Spitze gerade gegenüber und es gab dort eine große Menge von 
Enten. Mein Bursche, der ein Schiffer von der Elbe war, mußte mich 
häufig vor Tag über den Rhein fahren, wozu ich mir in Weisenau 
einen kleinen Nachen lieh, den sie „Seelenverkäufer" nannten, wahr 
scheinlich der Kleinheit und Unsicherheit wegen. Eines Morgens im 
März sollte abermals eine solche Exkursion unternommen werden. 
Die Fischer, die schon auf waren, widerrieten die Fahrt sehr, denn 
der Rhein war nicht allein angeschwollen, sondern es war auch 
stürmisches Wetter- Sie meinten, wir würden nicht hinüber kommen; 
da aber mein Bursche anderer Ansicht war, so blieb es bei dem 
Vorhaben. Ich war ziemlich warm gekleidet und hatte große, juchten 
lederne Wasserstiefel an. Mein Friedrich arbeitete aus Leibeskräften; 
allein bald sah ich ein, daß seine Kräfte bei dem heftigen Strom und 
Wind nicht ausreichten. Als eine Welle in den Nachen schlug, hing 
ich mein Gewehr auf den Rücken und fragte meinen Friedrich, ob 
er schwimmen könne. Zu meinem Schrecken verneinte er es; ich 
hatte es bisher gar nicht für möglich gehalten, daß ein Schiffer nicht
	        
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