Full text: Ein Leben voller Abenteuer (1)

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Einfluß, und besonders ist ihm Herzog Wilhelm Dank schuldig, da der 
Oberst diesem durch Vorstellungen mehr Vermögen verschaffte, als 
ihm zugedacht war, und was Herzog Carl als regierender Herzog 
eher entbehren konnte. 
Herzog Carl machte ihn zum Minister-Residenten in Berlin. 
Dort wurde seine Stellung 1830 eine unangenehme, denn er als 
Gesandter mußte alle Aeußerungen des Mißfallens mit seinem Herzog 
in Empfang nehmen. Trotzdem, daß er die Beweggründe wußte, 
kränkte es ihn doch nicht wenig, wenn der König Friedrich 
Wilhelm III. bei öffentlichen Veranlassungen mit allen andern Ge 
sandten redete und von ihm geflissentlich gar keine Notiz nahm. 
Die unzufriedenen Edelleute in Braunschweig hüteten sich wohl, den 
Obersten in ihr Vertrauen zu ziehen. Er mißbilligte das Betragen 
des Militärs aufs Aeußerste und schrieb dem falschen General 
leutnant von Herzberg mit ziemlich deutlichen Worten: „Du bist 
ein Schurke." Da er es mit seiner Ehre nicht länger für verträglich 
hielt, in Braunschweig zu dienen, so hatte er seinen Abschied ge 
nommen und sich auf seine Güter in Preußen zurückgezogen. Die 
Pension, welche den Staat nichts anging, konnte ihm niemand 
nehmen. Eine weitere erhielt er von Braunschweig nicht, wo man 
ihn mit Mißtrauen betrachtete. Es war dort nicht unbekannt, daß 
er mit Herzog Carl fortwährend in Verbindung stand und man ver 
mutete, daß er bei dessen Plänen zur Wiedererlangung seines 
Herzogtums die Hand im Spiele habe. 
Der Oberst hatte es nicht vergessen, daß ihm in seiner Jugend 
gute Freunde im Leben vorwärts geholfen hatten und war bereit, 
dies andern zu tun, wenn er Strebsamkeit an Personen sah, die ihm 
gefielen. Diese Güte hatte den Anschein vollkommener Uneigen 
nützigkeit; allein das war nicht so ganz der Fall; er hielt sich für 
einen Diplomaten, war ein ziemlicher Menschenkenner und brauchte 
für seine mancherlei Pläne geeignete Werkzeuge, 
Obwohl er selbst in seinem Leben niemals dumme Streiche 
gemacht hatte, so war er doch nachsichtig gegen die junger Leute, 
wenn diese Streiche keine schlechten waren. Auf gewandtes, höf 
liches Benehmen, vornehme Geburt und vornehme Bekanntschaften, 
ein hübsches Aeußere legte er großen Wert, da er diese Dinge als 
Kapitalien betrachtete, welche zum Fortkommen im Leben noch 
mehr nützten als Geld allein. Mein Aufenthalt in Mainz hatte dazu 
beigetragen, mich in den Eigenschaften, die ihm angenehm waren, 
zu vervollkommnen, und so kam es denn, daß ich sowohl ihm als 
seiner Frau mehr gefiel, als sie vielleicht erwartet haben mochten. 
Da der Oberst bereits aus meinen Briefen manches von meinen 
Verhältnissen wußte, so war es ihm leicht, zu sehen, wo mich der
	        
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