Großstadt-Dokumente 53b. 39. Der Hamburger „Junge Mann".
Das „kindliche Vergnügen" des Karussellfahrens
reizt auf dem Dom auch die Erwachsenen. Alles wird
mitgemacht. Nun ist das Karussellfahren bei Haase ja
auch nicht schlechthin mit so einem gewöhnlichen Land-
und Wiesenkarussellfahren zu vergleichen. Es ist pariserisch,
ist die unendliche Bewegung. Man flirtet hier auf der
ersten Etage, begrüßt dort auf der etwas raschern
zweiten Plattform einen Bekannten und landet schließlich
in einem Coupo „in der höchsten, reinlichsten Zelle", wo
es mit Eilzugsgeschwindigkeit geht. — Auch mit dem
„Erfolg".
Es ist ein Lachen und Jubeln in dem Karussellhanse,
daß man meinen könnte, es gäbe überhaupt keinen
Jammer auf Erden mehr. Die jungen Leute schwimmen
in Seligkeit — und die Huldinnen helfen ihnen in
tollster Ausgelassenheit das Extra-Etatchen klein be
kommen. Der steife, schwerfällige Hamburger ist wie
ausgetauscht. Er hat direkt karnevalistische Neigungen.
Zwar wirft er den Confetti mit noch mehr Kraft als
Leichtigkeit, fliegen die Papierschlangen aus seiner Hand
mit mehr Energie als Eleganz — aber ihm genügt es ja.
Und will es das Glück, daß die Papierschlange unabgerollt
einem Kollegen an die Nase fliegt, na — dann um so
besser; man kühlt dabei zugleich ein Mütchen.
Die Raritätenausstellungen, kleinsten Pferde, größten
Esel beachtet er nicht, die glaubt er täglich um sich sehn
zu können. Dagegen findet er das Leben bei Sagebiel
um so schöner. Der Jahrmarkt, der Rummel. Was
sein Herz begehrt, ist da. Im großen Saale die
Attraktionen des Varistohimmels, in den kleinen Sälen
Kirmes — die schwere Menge. Und Mägdelein —
Mägdelein sind da — von himmlischer Güte. Können
absolut nicht nein sagen — und Henkell trocken macht
sie zu Ueberwindern des letzten Nestes eignen Willens.
/So