Full text: Der kleine Lord

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„Na, ich würd' mir am End' nichts draus machen, auch 
so ein Graf zu sein." Das ließ tief blicken. 
Es war ein großer Tag für alle, Lord Fauntleroys 
achter Geburtstag, und Seine kleine Herrlichkeit war glück 
selig dabei. Wie schön sah der Park nicht aus, gedrängt 
voll Menschen in ihren besten, buntesten Kleidern und die 
Zelte mitZlatterndcn Fähnlein darauf, und die große Flagge, 
die vom Schlosse wehte. Kein einziger, der kommen durfte 
und konnte, war zu Hause geblieben, denn alle, alle waren 
ja von Herzen froh, daß ihr kleiner Lord Fauntleroy auch ge 
wiß und wahrhaftig ihr Lord Fauntleroy bleiben und dereinst 
ihr Herr werden sollte. Jedermann wollte ihn heute sehen, 
ihn und seine hübsche kleine Mutter, die schon so viele Herzen 
gewonnen hatte, und jedermann hatte etwas mehr Achtung 
und weniger Furcht vor dem alten Herrn, weil der kleine 
Junge ihn so lieb hatte und so unverbrüchlich an ihn glaubte, 
und auch weil der Graf endlich mit seines Erben Mutter 
Frieden geschlossen hatte und ihr mit Achtung begegnete. Ja, 
einige waren sogar der Ansicht, daß die einstige Feindschaft 
im Begriff stehe, sich in warme Freundschaft zu verwandeln, 
und daß unter dem zweifachen Einfluß des Kindes und der 
Mutter noch ein ganz manierlicher alter Edelmann aus ihm 
werden könne, was dann jedenfalls münniglich zu gute käme. 
Welche Scharen von Menschen sich unter den Bäumen 
und auf dem großen offnen Rasenplatz und unter den Zelten 
umhertrieben! Pächter und Püchtersfrauen in ihren Sonn 
tagskleidern, Hüten und Shawls; junge Burschen mit ihren 
Mädchen; Kinder, die sich jagten und fröhlich umhersprangen, 
und alte Frauen, die in ihren roten Mänteln bei einander 
standen und schwatzten. Auch im Schlosse gab es Gäste, 
Damen und Herren, die gekommen waren, um sich den Spaß 
mit anzusehen, dem kleinen Lord ihren Glückwunsch darzu 
bringen und Mrs. Errols Bekanntschaft zu machen. Lady 
Lorridaile und Sir Harry hatten sich eingefunden, Sir Thomas 
Asshe mit seinen Töchtern und selbstverständlich Mr. Havi- 
sham, und vor allein die schöne Bivian Herbert in einem ganz 
entzückenden weißen Kleide, mit einem Sjntzenschirm und dem 
unvermeidlichen Geleite von Verehrern, die ihr aber samt und 
sonders nicht so interessant zu sein schienen, wie ihr aller 
jüngster. Als er sie sah, flog er auf sie zu und schlang die 
Arme um ihren Hals, und sie küßte ihn so herzlich, als ob 
er ihr kleiner Lieblingsbruder wäre, und sagte: „Lieber Lord
	        
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