Full text: Der kleine Lord

und das war immerhin ein Anfang. Ueberdies gefiel ihm 
seines Sohnes Frau mit jedem Tage besser, und es war keine 
ganz unwichtige Beobachtung, daß er im Begriff stand, auch 
sie lieb zu gewinnen. Er hörte gern ihre liebliche Stimme 
und sah gern in ihr reizendes Gesicht, und wenn er abends 
in seinem Lehnstuhl saß und sie mit ihrem Jungen am Kamin 
plauderte, hörte er gern unbemerkt zu und vernahm mit einer 
gewissen Neugier zärtliche, kluge und fein empfundene Worte, 
wie er sie vordem nie gehört hatte, und er begriff nun wohl, 
weshalb der kleine Geselle trotz der armseligen Straße in 
New Zjork und trotz des Umgangs mit Krämern und Stiefel 
putzern eine vornehme, ritterliche Natur war, deren sich niemand 
zu schämen hatte, auch wenn es dem Geschick gefiel, ihn plötz 
lich wie im Märchen in ein Schloß zu versetzen und ihn zum 
Erben all der Herrlichkeit zu machen. 
Die Sache war ja so einfach, es war ein reines, gutes, 
edelfühlendes Mutterherz, das ihn umgeben und geleitet hatte, 
und ihn gelehrt, gute Gedanken zu denken und für andre zu 
sorgen. Das ist sehr wenig und ist sehr einfach und ist viel 
leicht höher und besser, als alles andre. Er wußte nichts 
von Trtel und Rang, von vornehmem Leben und vornehmen 
Sitten, aber er war überall und in jeder Lage liebenswert, 
weil er wahr und einfach und liebenden Herzens war. Und 
wer das ist, ist auch ein Königskind. 
Und der alte Graf Dorincourt war heute wohl mit ihm 
zufrieden, wenn er ihn im Park sich unter den Leuten um 
hertreiben, mit manchen plaudern und jeden Gruß mit seinem 
kleinen, höflichen Komplimentchen erwidern sah, oder wenn 
er gegen seine Freunde, Mr. Hobbs und Dick, den aufmerk 
samen Wirt machte, oder sich leise neben seine Mutter oder 
Miß Herbert schlich und andächtig ihrer Unterhaltung lauschte. 
Am meisten befriedigt aber war er, als sie alle miteinander 
zu dem größten Zelt traten, wo die wohlhabenderen, bedeu 
tenderen Pächter mit ihren Familien saßen und sich an Speisen 
und Getränk gütlich thaten. 
Die Trinksprüche hatten eben angefangen, und der offi 
zielle Toast auf den Grafen wurde heute mit einer gewissen 
Wärme aufgenommen, wie sie noch vor wenig Monaten 
undenkbar gewesen wäre. Dann aber brachte ein wohlbe 
stallter Landmann die Gesundheit Lord Fauntleroys. aus, 
und wenn an der Popularität Seiner kleinen Herrlichkeit 
auch noch der geringste Zweifel möglich gewesen wäre, so
	        
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