Full text: Der kleine Lord

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Als er dies zuerst erfuhr, ward er ganz bleich. 
„O Herzlieb!" sagte er, „ich möchte lieber kein Graf 
sein. Keiner von den andern Jungen ist ein Graf. Kann 
ich nicht keiner sein?" 
Die Sache schien sich jedoch nicht umgehen zu lassen, und 
als er abends mit seinem Mütterchen am Fenster saß und in 
die armselige Straße hinausblickte, sprachen sie lange und ein 
gehend darüber. Cedrik saß auf seiner Fußbank, das eine 
Bein übergeschlagen, wie es seine Lieblingsstellung war, und 
sein kleines Gesicht war ein wenig verstört und ganz rot vor 
lauter Nachdenken. Sein Großvater wollte, daß er nach 
England kommen solle, und hatte deshalb den allen Herrn 
geschickt. 
„Ich weiß, daß dein Papa sich darüber freuen würde," 
sagte seine Mama, die traurigen Augen dem Fenster zuge 
wendet. „Sein Herz hing sehr an seiner Heimat, und dann 
sind dabei auch noch viele Dinge zu bedenken, die du noch 
nicht verstehen kanirst, mein Kind. Ich würde eine sehr selbst 
süchtige Mama sein, wenn ich dich nicht reisen ließe — das 
wirst du alles begreifen, wenn du erst erwachsen bist." 
Cedrik schüttelte wehmütig das Köpfchen. „Es thut mir 
so leid, wenn ich von Mr. Hobbs fort muß," sagte er. „Ich 
habe Angst, er wird mich vermissen und er wird mir sehr 
fehlen — er und all die andern." 
Als Mr. Havisham, welcher der langjährige Sachwalter 
des Grafen Dorineourt war, und der die Mission hatte, 
Lord Fauntleroy nach England zu bringen, am nächsten 
Tage wiederkam, erfuhr Cedrik sehr viel Neues, allein es 
war ihm gar nicht sehr tröstlich, zu erfahren, daß er der 
einst ein sehr reicher Mann sein und hier ein Schloß und 
dort ein Schloß, große Parks, Bergwerke und Ländereien 
und viele Dienerschaft besitzen werde. Er war sehr beküm 
mert im Gedanken an seinen Freund, Mr. Hobbs, und 
bald nach dem Frühstück suchte er ihn voll Herzensangst in 
seinem Laden auf. 
Er fand ihn die Zeitung lesend und trat ihm nrit ernster 
Miene gegenüber; er wußte ja, daß das, was ihm wider 
fahren, für Mr. Hobbs ein herber Schlag sein mußte, und 
er hatte sich's unterwegs genau überlegt, wie er ihm die Sache 
beibringen wollte. 
„Hallo!" sagte Mr. Hobbs. „'Morgen!" 
„Guten Morgen," sagte Cedrik. Er kletterte nicht wie
	        
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