Full text: Der kleine Lord

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Und dann — oh, einen Shawl würde ich ihr auch geben, 
und dann thaten ihr die Knochen lange nicht mehr so weh. 
Sie hat ja nicht Knochen wie wir, ihr thun alle weh, wenn 
sie sich nur rührt, das ist sehr schlimm, wissen Sie. Wenn 
ich aber so reich wäre, daß ich ihr all das kaufen konnte, 
dann, glaube ich, würden ihre Knochen ganz gesund!" 
„Aha!" bemerkte Mr. Havisham. „Und was würdest 
du denn sonst noch thun, wenn du reich wärest?" 
„O noch so vieles, vieles! Natürlich würde ich Herzlieb 
schöne Sachen kaufen, Nadelbücher und Fächer und goldne 
Fingerhüte und Ringe und Konv'ationslexikon und eine Kutsche, 
damit sie nicht im Om'ibus fahren muß. Wenn sie ein rosa 
Seidenkleid haben möchte, würd' ich ihr auch eins kaufen, aber 
sie will immer nur schwarze Kleider haben, aber ich würde 
sie doch in alle die großen schönen Läden führen und sie 
müßte sich etwas auswählen. Und dann Dick." 
„Wer ist denn Dick?" fragte Mr. Havisham. 
„Dick ist Schuhputzer," erläuterte Seine kleine Herrlich 
keit, sich mehr und inehr für seine eignen Pläne erwärmend. 
„Er ist ein so netter Schuhputzer, Sie können sich gar nicht 
denken, wie nett! Er steht an einer Straßenecke drunten, 
wo's in die Stadt geht, und ich kenne ihn schon lange, lange. 
Einmal, als ich noch ein ganz kleiner Junge war, bin ich 
mit Herzlieb ausgegangen, und sie hat mir einen wunder 
schönen Ball gekauft, der sehr hoch sprang, und plötzlich 
sprang er mitten hinein in die Straße unter Wagen und 
Pferde und ich war so erschrocken, daß ich zu weinen an 
fing — ich war damals noch sehr klein," setzte er entschul 
digend hinzu — „und Dick putzte eben einein Herrn die 
Schuhe und da rief er ,hallo!‘ und rannte mitten hinein unter 
die Pferde und holte meinen Ball und wischte ihn an seinem 
Rock ab und gab ihn mir und sagte: ,Sei nur ruhig, 
Kleiner.' Herzlieb fand das sehr schön von ihm und ick) 
auch, und seitdem sprechen wir immer mit ihm, wenn wir 
in die Stadt gehen. Er sagt ,hallo!' und ich sage ,hallo!' 
und dann plaudern wir eine Weile und er erzählt uns, wie 
sein Geschäft geht, schlecht genug ist's gegangen in letzter 
Zeit." 
„Und was möchtest du denn für diesen Dick thun?" 
forschte der Advokat und rieb sein Kinn mit einem sonder 
baren Lächeln. 
„O," sagte Lord Fauntleroy, sich mit einer sehr wichtigen
	        
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