Full text: Der kleine Lord

ward er sich der Thatsächlichkeit des ganzen Vorganges be 
wußt. 
„Und nun leb wohl," sagte ©ebbte mit einem ernstlichen 
Versuche, ihn das Zittern seiner Stimme nicht merken zu 
lassen, und mit einem etwas krampfhaften Zwinkern der 
großen braunen Augen. „Ich hoffe, daß dein Geschäft jetzt gut 
geht. Mir thut's leid, daß ich fort muß, vielleicht komme 
ich wieder, wenn ich ein Graf bin, und hoffentlich schreibst 
du mir auch, denn wir sind ja immer gute Freunde gewesen. 
Hier hab' ich dir's aufgeschrieben, wie du die Adresse an mich 
machen mußt, ich heiße nicht mehr Cedrik Errol, sondern 
Lord Fauntleroy und — jetzt lebe wohl, Dick!" 
Dick zwinkerte auch angestrengt mit den Augen, und doch 
waren seine Wimpern verräterisch feucht. Er war kein sehr ge 
bildeter Schuhputzer, und es wäre ihm schwer geworden, seine 
Empfindungen in Worte zu fassen, deshalb machte er auch gar 
keinen Versuch dazu, sondern begnügte sich, zu blinzeln und 
etwas zu verschlucken, was ihm immer wieder im Halse aufstieg. 
„Wollte, du bliebest hier," sagte er mit heiserer Stimme. 
Dann lüftete er seine Mütze und wandte sich an Mr. Havisham: 
„Danke auch, Sir, daß Sie ihn hergebracht, und für alles. 
Er — er ist ein kurioser kleiner Kerl," setzte er hinzu, „ich 
hab' immer große Stücke auf ihn gehalten. Und Grütz' im 
Kopfe hat er und ist so ein ganz aparter Jung'." 
Und nachdem die beiden von ihm weggegangen, stand 
Dick noch lange da und sah ihnen nach, und solange er die 
kleine biegsame Gestalt so elastisch neben ihrem großen, ernsten 
Begleiter dahinwandeln sah, wollte der Nebel vor seinen Augen 
nicht weichen. 
Bis zum Tage der Abreise brachte Seine Herrlichkeit so 
viel Zeit als möglich in Mr. Hobbs' Laden zu. Mr. Hobbs 
selbst war in sehr gedrückter Stimmung, aus der er sich kaum 
mehr aufzuraffen wußte, und als sein kleiner Freund ihm 
triumphierend sein Abschiedsgeschenk, eine goldne Uhr mit 
Kette überreichte, war er kaum im stände, die Gabe gehörig 
zu würdigen. Er legte das Etui auf sein Knie und schneuzte 
sich mehrmals mit großem Geräusche. 
„Es steht was drin," sagte Cedrik, „innen drin. Ich 
hab's dem Manne selbst gesagt, was er hineinschreiben müsse: 
,Mr. Hobbs von seinem ältesten Freunde, Lord Fauntleroy. 
Die Uhr, sie spricht: Vergiß—mich—nicht!' Ich will nicht, 
daß Sie mich vergessen."
	        
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