Full text: Der kleine Lord

gezehrt und etliche zwanzigmal skalpiert zu werden, verstand 
sich von selbst. 
„Deshalb hat er gar keine Haare mehr," erklärte Lord 
Fauntleroy seiner Mama. „Wenn man ein paarmal skalpiert 
worden ist, wächst das Haar nie mehr. Jerry seins kam nicht 
wieder, nach dem letzten Mal, als ihn der König der Par- 
romachaweekins mit einem Messer, das aus dem Schädel des 
Häuptlings der Wopslemumpkies gemacht war, skalpiert hatte. 
Er sagt, das sei fast das Schlimmste gewesen, was ihm je 
vorgekommen, und seine Haare seien ihm ganz zu Berge ge 
standen, wiH der König das Messer wetzte, und hätten sich 
auch nachher nicht mehr gelegt, und der König trage nun den 
Skalp so, und er sehe aus wie eine Haarbürste. Nein, was 
für ,Verlöbnisse' dieser Jerry gehabt hat! Ich wollt', ich 
könnte Mr. Hobbs alles erzählen!" 
Zuweilen, wenn das Wetter schlecht war und man im 
Salon beisammen saß, gab Cedrik, der immer bereit war, das 
Seinige zur Unterhaltung beizutragen, Jerrys „Verlebnisse" 
preis, wobei er sehr aufmerksame Zuhörer fand. 
„Jerrys Geschichten dressieren alle so," sagte er dann 
zu seinem Mütterchen. „Manchmal denke ich beinahe.— du 
mußt nicht böse sein, Herzlieb — es könnte nicht alles dran 
wahr sein, aber doch hat Jerry es selbst erlebt, aber, weißt 
du, vielleicht weiß er's hier und da nicht mehr so genau, weil 
er so oft skalpiert worden ist. Skalpiert werden, davon kann 
man ein schlechtes Gedächtnis kriegen." 
Elf Tage, nachdem er Dick sein Lebewohl zugerufen 
hatte, traf der kleine Lord in Liverpool ein, und am Abend 
des zwölften Tages fuhr der Wagen, der ihn, seine Mutter 
und Mr. Havisham an der Bahn abgeholt hatte, an Court 
Lodge vor. 
Mary, die zu Mrs. Errols Bedienung mit herüber 
gekommen war, hatte das Haus schon etwas früher erreicht, 
und als Cedrik aus dem Wagen sprang, sah er einige Dienst 
boten in der glänzend erleuchteten Halle stehen, Mary aber 
unter der Hausthür. Mit einem fröhlichen Ausrufe eilte 
er auf sie zu und küßte sie auf die knallroten Wangen. 
„Bist du schon da, Mary? Herzlieb, Mary ist da!" 
„Ich bin froh, daß Sie da sind, Mary," sagte Mrs. 
Errol halblaut zu ihr. „Ich fühle mich weit weniger fremd, 
nun ich ein bekanntes Gesicht um mich habe." Dabei reichte 
sie ihr die schmale Hand, die Mary kräftig schüttelte. Ach,
	        
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