Full text: Der kleine Lord

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brauner Augen ihm treuherzig entgegenleuchtete. Wie ein 
plötzlicher Jubelruf und ein frohlockendes Triumphieren zog's 
dem harten alten Manne durchs Herz, als er wahrnahm, was 
für ein kräftiger, schöner Knabe sein Enkel war, und wie 
unerschrocken er ihm ins Gesicht sah, die Hand noch immer 
auf dem Halse seines riesigen Hundes. Es that dem her 
rischen alten Edelmanne im Innersten wohl, daß der Junge 
keine Schüchternheit und keine Furcht verriet, weder vor ihm 
noch vor seinem Hunde. 
„Bist du der Graf?" sagte Cedrik mit seinem freund 
lichen Lächeln. „Ich bin dein Enkel, den Mr. Havisham 
geholt hat — Lord Fauntleroy." 
Er streckte ihm dabei sein Händchen hin, was er für an 
gemessen und höflich hielt auch bei Grafen. „Ich hoffe, es 
geht dir gut," fuhr er herzlich fort, „und ich freue mich sehr, 
dich zu sehen." 
Der Graf schüttelte ihm die Hand und es zuckte wunder 
lich über sein Gesicht; fürs erste war er so überrascht, daß 
er kaum wußte, was er sagen solle. Er blickte unverwandt 
auf das hübsche kleine Bild, das da in Fleisch und Blut vor 
ihm stand. 
„Du freust dich wirklich, mich zu sehen?" 
„Gewiß," versicherte Lord Fauntleroy, „sehr." 
Ein Stuhl stand neben dem des Grafen und Cedrik setzte 
sich. Das hochlehnige, breite Möbel war für ein andres Format 
von Sitzenden berechnet und die Beinchen des Kleinen reichten 
bei weitem nicht auf den Boden, allein es schien ihm doch 
ganz behaglich darauf zu sein und er blickte das ehrwürdige 
Familienhaupt bescheiden aber unverwandt an. 
„Ich habe mir immer Gedanken gemacht, wie du wohl 
aussehen würdest," begann er wieder. „Auf dem Schiffe, 
wenn ich so in meinem Bette lag, habe ich immer gedacht, ob 
du wohl meinem Papa ähnlich siehst." 
„Nun, und findest du das?" fragte der Graf. 
„Ach, du weißt ja, ich war noch sehr klein, als er ge 
storben ist, und da kann's wohl sein, daß ich mich nicht ge 
nau erinnere, aber ich meine, du siehst ganz anders aus." 
„Enttäuscht also — hm?" 
„O, ganz und gar mcht!" versicherte der kleine Kritiker 
höflich. „Natürlich hätte ich mich ja gefreut, wenn du wie 
mein Papa wärest, aber jedes Kind ist doch ganz zufrieden 
damit, wie sein Großvater aussieht, auch wenn es ihn sich
	        
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