Full text: Der kleine Lord

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„Zwei heraus!" jauchzte die Helle Kinderstimme. „Dies 
mal hast du kein Glück gehabt, gelt?" 
Da wurden beide Spieler plötzlich des Eintretenden an 
sichtig. 
Der Graf blickte auf, zog die Augenbrauen zusammen, 
wie es seine Art war, und zu Mr. Mordaunts ungemessenem 
Erstaunen verdüsterte sich seine Miene keineswegs, als er ihn 
erkannte, ja er sah sogar aus, als ob er ganz vergessen hatte, 
daß es zu seinen Lebensgewohnheiten gehörte, Furcht und 
Schrecken um sich zu verbreiten. 
„Ach!" sagte er mit seiner rauhen Stimme, reichte ihm aber 
mit verhältnismäßiger Artigkeit die Hand. „Guten Morgen, 
Mordaunt. Sie sehen, ich bin auf eine ganz neue Art beschäftigt." 
Die andre Hand legte er auf Cedriks Schulter — möglich, 
daß sich insgeheim etwas wie Stolz in seinem Herzen regte, 
solch einen Erben vorstellen zu können. 
„Dies ist der neue Lord Fauntleroy," fuhr er fort, 
„Fauntleroy, dies ist Mordaunt, unser Geistlicher." 
Fauntleroy blickte zu dem steifen, schwarz gekleideten 
Herrn auf und reichte ihm die kleine Hand. 
„Es freut mich sehr, Ihre Bekanntschaft zu machen, 
Sir," sagteer, eingedenk der Redensart, mit welcher Mr. HobbS 
hier und da einen neuen, hochgeschätzten Kunden beehrte. Eedrik 
mar überzeugt, daß man einem Geistlichen gegenüber in der 
Höflichkeit ein übriges thun müsse. 
Mr. Mordaunt hielt das Händchen einen Augenblick in 
der seinen und blickte, unwillkürlich lächelnd, in das blühende 
Kindergesicht. Er hatte den kleinen Gesellen bereits lieb — 
wie es ja den meisten Menschen erging. Nicht die Schönheit 
und Anmut des Knaben sprach zu seinem Herzen, sondern 
die Einfachheit und Kindlichkeit, die all seine Worte, so 
wunderlich und komisch dieselben oft waren, liebenswtirdig 
und herzgewinnend machten. 
„Und ich freue mich von ganzem Herzen der Ihrigen, 
Lord Fauntleroy," erwiderte der Pastor die Anrede. „Sie 
haben eine lange Reise machen müssen und wir sind alle er 
freut, daß Sie dieselbe so glücklich überstanden haben." 
„Die Reise war sehr lang," versetzte Fauntleroy, „aber 
Herzlieb, meine Mama, ist mit mir gekommen, und da bin 
ich natürlich gar nicht einsam gewesen. Man ist ja nie einsam, 
wenn man seine Mutter bei sich hat, und das Schiff war 
wunderschön."
	        
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