Full text: Der kleine Lord

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„Setzen Sie sich, Mordaunt," sagte der ©ras. 
„Eure Herrlichkeit ist sehr zu beglückwünschen," sprach 
der Geistliche mit Wärme, indem er sich einen Stuhl zurecht 
rückte; der Graf schien jedoch nicht geneigt, seine Gefühle 
über den Punkt laut werden zu lassen. 
„Er sieht seinem Vater ähnlich," bemerkte er ziemlich 
kurz angebunden. „Hoffentlich führt er sich einmal verstän 
diger auf. Nun, und was gi&t’S heute, Mordaunt?" setzte er 
hinzu. „Wer ist wieder einmal im Elend?" 
Das klang lange nicht so schlimm, als Mr. Mordaunt 
erwartet hatte, und doch begann er erst nach einigem Zögern 
sein Anliegen vorzutragen. 
„Es handelt sich um Higgins — Higgins von der äußeren 
Farm. Der Mann hat Unglück gehabt. Ich will nicht ge 
rade behaupten, daß er ein sehr guter Wirtschafter ist, allein 
die Verhältnisse sind derart, daß er zurückkommen mußte. Er 
selbst war letzten Herbst krank, dann hatten die Kinder das 
Scharlachfieber und nun liegt die Frau. Es handelt sich um 
den Pachtzins und Newick droht, ihm sofort zu kündigen, 
wenn er nicht zahlt. Die Sache steht natürlich sehr schlimm 
für ihn, und er kam gestern zu mir mit der Bitte, mich bei 
Ihnen für die Gewährung einer längern Frist zu verwenden." 
„Das alte Lied," sagte der Graf sichtlich verstimmt. 
Fauntleroy stand zwischen dem Großvater und dem 
Besucher und war ganz Ohr. Er „ dressierte" sich natür 
lich sofort für Higgins und die Kinder und hätte gar zu 
gern gewußt, wie viele es ihrer seien, und ob sie sehr krank 
gewesen. 
„Higgins ist ein wohlgesinnter Mann," bemerkte der 
Geistliche, bemüht, sein Gesuch zu unterstützen. 
. „Und ein schlechter Pächter, der imnier im Rückstände ist," 
erwiderte Seine Herrlichkeit. „Ich weiß das von Newick." 
„Augenblicklich ist die Not groß. Der Mann hängt 
sehr an seiner Familie, und wenn ihm die Pacht gekündigt 
wird, so können sie alle miteinander verhungern. Zudem 
verordnet der Arzt Wein und kräftige Kost für die Kinder, 
und Higgins weiß nicht, woher das nehmen." 
„So war's gerade bei Michael," warf Lord Fauntleroy, 
näher tretend, ein. 
Der Graf blickte überrascht auf. „Dich hatte ich ganz 
vergessen," sagte er. „Dachte gar nicht mehr daran, daß wir 
einen Philanthropen im Zimmer haben. Nun, wer war denn
	        
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