Full text: Der kleine Lord

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Michael?" Und das belustigte Lächeln flog wieder über des 
alten Herrn Gesicht. 
„Bridgets Mann, der das Fieber gehabt hat," erklärte 
Fauntlerop eifrig. „Du weißt ja doch, Großvater! Der hat 
auch die Miete nicht zahlen und keinen Wein und solche 
Sachen kaufen können. Dann hast du mir das Geld für ihn 
gegeben, damit ich ihm helfen konnte." 
Der Graf warf Mr. Mordaunt einen raschen Blick zu. 
„Ich weiß nicht, was für eine Sorte von Gutsherren 
der Junge abgeben wird," bemerkte er. „Ich hatte Havisham 
gesagt, der Knirps solle haben, was ihm Spaß macht — und 
was ihm Spaß gemacht, war offenbar, Bettelleuten Geld 
zu geben." 
„O nein, Bettelleute waren es gar nicht!" rief Cedrik. 
„Michael war — Michael ist ein sehr ausgezeichneter Maurer. 
Sie haben alle gearbeitet." 
„Aha," beruhigte ihn der Graf. „Bettelleute waren es 
also nicht, sondern sehr ausgezeichnete Maurer, Stiefelputzer 
und Apfelfrauen." Plötzlich schien ihm ein Einfall zu kommen 
und er sah den Jungen ein paar Sekunden scharf an. „Komm 
'mal her," sagte er dann. 
Fauntlerop trat so nahe zu ihm, als es irgend anging, 
ohne an das kranke Bein zu stoßen. 
„Was würdest du in diesem Falle thun?" fragte der 
alte Edelmann. 
Eine seltsame Empfindung bemächtigte sich Mr. Mor- 
daunts bei dieser unvorhergesehenen Frage. Er war seit Jahren 
in der Gemeinde angestellt, kannte die Armen und Reichen, 
die Ehrlichen und die Schlimmen, und wußte, welch ungeheure 
Macht zum Bösen oder Guten dereinst diesem kleinen Jungen 
gegeben sein werde, der mit weit offnen Augen, die Hände 
in den Taschen vor ihm stand, und dabei durchzuckte ihn der 
Gedanke, daß, wenn der herrische, eigensinnige alte Mann die 
Laune haben sollte, diese Macht schon jetzt in diese kleine Hand 
zu legen und diese Kindesnatur keine großmütige und wahre 
wäre, der Schaden für den Knaben selbst, wie für die von 
ihm Abhängigen, ein unabsehbarer sein würde. 
„Was würdest du in diesem Falle thun?" fragte 
der Graf. 
Fauntleroy legte die Hand zutraulich auf des Groß 
vaters Knie. 
„Wenn ich sehr reich wäre, und nicht nur ein kleiner
	        
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