Full text: Der kleine Lord

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„Gewiß! Willst du ihn sehen? Soll ich ihn vorführen 
lassen?" 
Fauntleroys Wangen waren dunkelrot. 
„Daran hab' ich me gedacht, daß ich einen Pony kriegen 
könnte. So was ist mir nie eingefallen. Wie wird Herzlieb 
sich freuen! Du gibst mir alles, nicht wahr?" 
„Du willst ihn also sehen?" 
Cedrik atmete tief auf. „Ich möchte ihn so gern sehen, 
o, so furchtbar gern. Aber ich habe jetzt keine Zeit." 
„Könntest du den Besuch nicht auf morgen verschieben?" 
„O nein," sagte Fauntleroy. „Herzlieb hat den ganzen 
Tag immerfort an mich gedacht, und ich an sie." 
„So so, wahrhaftig," sagte der Graf. „So klingle nur." 
Während sie die Avenue entlang fuhren, war der alte 
Herr ziemlich schweigsam, Fauntleroys Züngchen dagegen stand 
nicht still. Er sprach natürlich nur von dein Pony — wie 
groß er sei, wie er heiße, wie alt er sei, von welcher Farbe, 
was er am liebsten esse, und wann er ihn morgen früh 
sehen dürfe. 
„Wie wird Herzlieb sich freuen!" rief er dazwischen immer 
wieder. „Sie wird dir auch so dankbar sein! Sie weist ja, 
wie gern ich Ponies habe, aber daß ich je 'mal einen eigen 
haben würde, daran hat keinS von uns gedacht. In der 
Fifth Avenue wohnte ein Junge, der hatte einen, und da 
haben wir oft einen Umweg gemacht, um ihn reiten zu sehen." 
Fast müde vom Fragen und Reden lehnte er in die 
Kissen zurück und sah ein paar Minuten lang den Grafen 
ganz verklärt an, ohne ein Wort zu sagen. 
„Ich glaube, daß es auf der ganzen Welt niemand gibt, 
der so gut wäre, wie du," kam es endlich aus Herzens 
gründe. „Du thust immerfort und immer nur Gutes. Herz 
lieb sagt, an andre denken und nicht an sich, das sei die 
wahre Güte, und das thust du!" 
Seine Herrlichkeit schwieg — diese Charakteristik war 
geeignet, ihn schwindeln zu machen! Dabei waren die klaren, 
großen, unschuldigen Kinderaugen mit dem Ausdruck schranken 
loser Bewunderung auf ihn geheftet — das hatte etwas Ver 
wirrendes, sogar für diesen ziemlich abgehärteten Mann! 
„So viele Menschen machst du glücklich!" fuhr Cedrik 
fort. „Michael, Bridget und ihre zwölf Kinder, und die 
Apfelfrau, und Dick, und Mr. Hobbs, und Mr. Higgins und 
seine Frau und ihre Kinder, und Mr. Mordaunt, und Herz-
	        
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