Full text: Die Theodicee. (4)

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Abhandlung IX. § 1. 2. 3. 
andern ebenso physisch, wie moralisch geschieht und 
weil diese Uebel sich anscheinend sowohl in dem Reiche 
der Natur, wie in dem der Gnade zeigen und ebenso, ja 
noch mehr, in dem kommenden und ewigen Leben, als in 
dem kurzen hienieden. 
2. Um diese Schwierigkeiten kurz darzulegen, be 
denke man, dass die Freiheit (anscheinend) mit der Vorher- 
bestimmung und Gewissheit sich nicht verträgt, mag diese 
Freiheit sein, welcher Art sie wolle; trotzdem soll nach 
der gewöhnlichen Lehre unserer Philosophen die Wahrheit 
der kommenden zufälligen Ereignisse bestimmt sein. Das 
Vorauswissen Gottes macht alles Kommende gewiss und 
bestimmt; ja seine Voraussicht und seine Voraus 
bestimmung, auf welche das Vorauswissen gegründet 
erscheint, thut noch mehr, da Gott nicht gleich dem 
Menschen die Ereignisse mit Gleichgültigkeit betrachten 
und sein Urtheil anhalten kann, weil alles nur durch die 
Beschlüsse seines Willens und die Wirksamkeit seiner 
Macht zum Dasein gelangt. Selbst wenn man von einer 
Mitwirkung Gottes absieht, so ist doch in der Ordnung 
der Natur alles mit einander .verknüpft, indem nichts 
ohne eine Ursache, welche die Wirkung bestimmt, ge 
schehen kann. Dies gilt ebenso für die freiwilligen 
Handlungen, wie für alles andere. Danach erscheint 
der Mensch also gezwungen, das Gute und Schlechte zu 
thun, was er thut und er verdient deshalb weder Strafe 
noch Belohnung. Die ganze Moral und alle menschliche 
und göttliche Gerechtigkeit wird dadurch vernichtet. 
3. Wollte man aber dem Menschen selbst diese 
Freiheit zugestehen, mit der er sich zu seinem Schaden 
schmückt, so würde doch das Verhalten Gottes dem 
Tadel unterliegen und dieser Tadel durch die anmass- 
liche Unwissenheit der Menschen ss ) unterstützt werden, 
die sich auf Kosten Gottes ganz oder zum Theil von 
der Schuld befreien möchten. Man behauptet, dass die 
ganze Realität und sogenannte Substanz der Handlungen, 
selbst bei der Sünde, ein Werk Gottes sei, weil alle 
Geschöpfe und all ihr Handeln das in diesem enthaltene 
Reale von ihm haben. Daraus will man ableiten, dass 
er nicht allein die physische Ursache des Uebels sei, 
sondern auch die moralische, weil Gott vollkommen frei 
handle und alles nur mit vollkommener Kenntniss der
	        
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