Full text: Die Theodicee. (4)

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Abhandlung II. § 5. 6. 7. 
Wesentliche von diesen Schwierigkeiten angeführt; doch 
habe ich mich dabei aller Ausdrücke und Uebertreibungen 
enthalten, die nur Aergerniss erregen könnten, ohne doch 
diese Einwiirfe selbst zu verstärken. 
6. Wir wollen nun die Medaille umkehren und das 
erwägen, was man auf diese Einwiirfe antworten kann. 
Ich muss hier etwas weitläufiger werden, denn man 
kann wohl in wenig Worten viele Schwierigkeiten 
häufen, aber zu deren Erörterung bedarf man mehr 
Raum. Mein Zweck ist, bei den Menschen die falschen 
Vorstellungen zu beseitigen, wonach Gott ein un 
beschränkter Herrscher ist, welcher von seiner Macht 
einen despotischen Gebrauch macht und welcher wenig 
geeignet und wenig werth ist, geliebt zu werden. Diese 
Vorstellungen sind um so schlimmer in Bezug auf Gott, 
da das Wesen der Frömmigkeit nicht blos darin besteht, 
dass man ihn fürchtet, sondern auch, dass man ihn über 
alles liebt und dies ist nur möglich, wenn man seine 
Vollkommenheiten kennt, welche die Liebe erwecken, die 
er verdient und welche das Glück derer bildet, die ihn 
lieben. Wir finden uns dann von einem Eifer erfüllt, 
welcher ihm gefallen will; wir hoffen dann mit Grund, 
dass er uns erleuchten wird und dass er selbst uns in 
der Ausführung dieser Absicht beistehen werde, die nur 
auf seinen Ruhm und auf das Wohl der Menschen ab 
zielt. Eine so gute Sache gewährt Vertrauen; wenn der 
Schein gegen uns spricht, so können wir ihm von unserer 
Seite mit Gründen entgegentreten und ich wage, dem 
Gegner zu-sagen: 
Aspice, quam mage sit nostrum penetrabile telumi 
(Schaue, wie viel tiefer unser Pfeil dringen werde!) 39 ) 
I. Gott ist der erste Grund der Dinge, 
denn alle beschränkten Dinge, wie alles, was wir sehen 
und erfahren sind zufällig und haben nichts in sich, was 
ihr Dasein nothwendig macht, da offenbar die Zeit, der 
Raum und der Stoff in sich selbst geeint, gleichförmig 
und dabei, gleichgültig gegen alles andere, auch ganz 
andere Bewegungen und Gestalten und eine andere Ord 
nung annehmen konnten. Man muss deshalb den Grund 
für das Dasein der Welt, welches die volle An-
	        
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