Full text: Die Theodicee. (4)

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Abhandlung II. §11.12.13. 
bestanden haben. Deshalb dürfen wir aber nicht Freude 
an der Sünde haben; möge Gott dies verhüten, sondern 
wir haben demselben Apostel zu glauben, welcher sagt 
(Römer V. 20), dass, wo die Sünde im Uebermaass ist, 
die Gnade noch in höherem Maass gewesen ist und wir 
erinnern uns, dass wir Jesum Christum selbst in Folge der 
Sünde erlangt haben. Diese Prälaten wollen also nur 
festhalten, dass eine Folgeweise der Dinge, in welcher 
auch die Sünde eintritt, hat besser sein können und 
wirklich besser gewesen sei, als eine Folgeweise ohne 
Sünde. 43 ) 
12. Man hat von jeher Vergleiche benutzt, die, vom 
sinnlichen Vergnügen hergenommen, mit Empfindungen 
gemischt sind, welche sich dem Schmerze nähern, um 
erkennen zu lassen, dass es etwas ähnliches auch bei dem 
geistigen Vergnügen giebt. Ein wenig Scharfes, Herbes 
oder Bitteres schmeckt oft angenehmer, als Zucker; die 
Schatten heben die Farben und selbst eine Dissonanz 
an der rechten Stelle, lässt die Harmonie mehr hervor 
treten. Man verlangt nach dem Schrecken, welchen 
Seiltänzer veranlassen, die im Begriff zu fallen sind und 
man will, dass die Trauerspiele uns bis zu Thränen 
rühren. Geniesst man wohl die Gesundheit genug und 
dankt man Gott genug dafür, wenn man niemals krank 
gewesen ist? Und bedarf es nicht meistentheils ein 
wenig des Schmerzes, um die Lust mehr zu empfinden, 
d. h. grösser zu machen? 
13. Man wird indess sagen, dass die vorhandenen 
Uebel schwer und in grosser Menge im Vergleich zu 
den Gütern bestehen; allein man irrt. Nur der Mangel 
an Aufmerksamkeit vermindert unsere Güter und es 
bedarf einer Mischung mit einigem Schmerze, damit wir 
zu dieser Aufmerksamkeit gelangen. Wären wir in der 
Regel krank und selten gesund, so würden wir dieses 
grosse Gut wunderbar schätzen und unser Uebel weniger 
empfinden und ist es trotzdem nicht besser, dass die Ge 
sundheit die Regel ist und die Krankheit selten? Wir 
haben daher durch unser Denken das zu ergänzen, was 
unserm Empfinden abgeht, um das Gut der Gesundheit 
voller zu fühlen. Hätten wir keine Kenntniss von dem 
zukünftigen Leben, so würden sich* wenig Personen 
finden, welche nicht bei dem Nahen des Todes gern das
	        
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