Full text: Die Theodicee. (4)

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Abhandlung- II. § 15. 16. 17. 
der Unwahrheit der menschlichen Tugenden, von dem 
man uns kürzlich einen Auszug geliefert hat, da ein 
solches Buch alles nur von der schlechten Seite auffasst 
und die Menschen wirklich zu solchen macht, wie es sie 
schildert. 
16. Man muss indess zugestehen, dass es in diesem 
Leben Unordnungen giebt, die sich besonders bei dem 
Glücke mancher schlechten Menschen und bei dem Un 
glück vieler Guten zeigen. Es giebt ein deutsches Spriich- 
wort, welches selbst den Schlechten den Vorzug giebt, als 
wären sie die Glücklichsten: 
Je krummer Holz, je bessre Krücke; 
Je ärger Schalk, je grösser Glücke. 
Und es wäre wünschenswerth, dass jene Worte des Horaz 
für uns wahr würden: 
Selten hat den vorschreitenden Schlechten die 
Strafe mit ihrem lahmen Fusse nicht nach 
gefolgt. 
Dennoch kommt es oft vor, wenn auch nicht in der 
Mehrzahl. Möge der Himmel sich vor den Augen des 
Universums rechtfertigen und möge man mit Claudianus 
sagen: 
Die Strafe des Rufinus hat endlich von hier 
den Aufruhr entfernt und die Götter frei 
gesprochen. 
17. Sollte dies indess auch in diesem Leben nicht 
geschehen, so ist das Heilmittel in jenem Leben schon 
bereit. Die Religion und selbst die Vernunft sagen es 
uns und wir dürfen wegen eines kleinen Aufschubes nicht 
murren, den die höchste Weisheit den Menschen zur 
Reue zu gestatten, für gut befunden hat. 45 ) Indess ver 
doppeln sich hier die Einwürfe von einer andern Seite, 
wenn man an das Heil und die Verdammniss denkt; 
weil es sonderbar erscheint, dass selbst in der grossen 
Zukunft der Ewigkeit das Uebel das Gute überwiegen 
solle und zwar selbst unter der höchsten Autorität 
dessen, -welcher das höchste Gut ist; indem es viele 
Berufene geben wird, aber nur wenig Erwählte und
	        
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